Nach 0:0 beim VfL: Reus zerknirscht, Favre entspannt
Wolfsburg (dpa) - Lucien Favre verstand die Welt nicht mehr. „Sind Sie verrückt?“, antwortete der Trainer von Borussia Mönchengladbach halb entsetzt, halb amüsiert auf die Frage, ob das 0:0 in Wolfsburg ein Rückschlag im Titelrennen gewesen sei.
Der Schweizer Coach redet nicht gerne über das Thema Meisterschaft. Er bewertete den Dämpfer nach vier Siegen in Serie aber deutlich entspannter als die meisten Gladbacher Profis. Vor allem Top-Stürmer Marco Reus wirkte nach seinem spektakulären Fehlschuss reichlich zerknirscht.
„Ich wollte ihn rein machen, das habe ich aber richtig schlecht gemacht. Dafür muss ich mich bei den Kollegen entschuldigen“, kommentierte Reus die Szene in der 69. Minute. Da tauchte der Spieler der bisherigen Saison allein vor Wolfsburgs Keeper Diego Benaglio auf, doch der Ball verfehlte das VfL-Tor deutlich. „Ein Querpass wäre vielleicht besser gewesen“, erklärte der mitgelaufene Mike Hanke, ohne dass es wie ein Vorwurf klang.
Hanke wurde ein Tor wegen vermeintlichen Abseits aberkannt. „Eine Millimeterentscheidung“, sagte der Ex-Wolfsburger. Auch er konnte sich gegen die kompakten Gastgeber („Das haben die clever gemacht“) nicht wie gewohnt in Szene setzen. Das Überraschungsteam will sich aber trotz des Remis nicht von Tabellenführer Borussia Dortmund abschütteln lassen. „Wir wollen bis zum Ende oben dran bleiben“, betonte der Stürmer.
Dieses selbstbewusste Anspruchsdenken erfreute Sportdirektor Max Eberl, der mit dem Rückrundenstart und sieben Punkten aus drei schweren Partien (Bayern, Stuttgart, Wolfsburg) zufrieden war. „Die Punktausbeute ist sehr ordentlich“, urteilte Eberl über 40 Zähler auf dem Konto. Das bedeutet in der Bundesliga-Arithmetik in der Regel den Klassenverbleib, den die Borussia vorige Saison erst im Nachsitzen schaffte.
In diesem Jahr gibt es andere Ziele. Bereits am Mittwoch, wenn die Reise nicht nach Wolfsburg, sondern eine Station weiter nach Berlin geht, wollen die Gladbacher im DFB-Pokal zurück in die Erfolgsspur finden. „Das ist eine machbare Aufgabe“, sagte Eberl. „Das Pokalspiel bei Hertha ist eine gute Möglichkeit, eine sehr gute Saison voranzutreiben.“
Dass dem Gladbacher Spiel die Leichtigkeit und Frische der Vorwochen fehlte, lag auch am starken VfL-Auftritt. Die Niedersachsen waren nach der Pause das bessere Team. „Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht“, urteilte Trainer Felix Magath. Seine umstrittene Transferpolitik scheint sich auszuzahlen, Kollege Favre erteilte Rückendeckung: „Wir konnten nicht so viele Lücken finden. Der VfL hat sich klar verstärkt, das wird man in der Rückrunde feststellen.“
In Winterzugang Ibrahim Sissoko setzte Magath bereits den 36. Spieler in dieser Saison ein - Liga-Rekord. Torjäger Mario Mandzukic musste 45 Minuten auf der Bank frieren. Erst als der Kroate Sissoko ersetzte, kam mehr Schwung in die VfL-Offensive. Das gab selbst Magath zu, der Mandzukic dennoch einen Seitenhieb versetzte: „Sein Auftritt war besser als in der Woche oder am vergangenen Wochenende.“