Nach „Meisterparty light“: Bayern planen neuen Angriff
Berlin (dpa) - Ein wenig übernächtigt, aber ohne Kater schlichen die unersättlichen Trophäenjäger des FC Bayern nach ihrer „Meisterfeier light“ zum Mannschaftsbus.
Kapitän Philipp Lahm winkte nach einer kurzen Nacht den wartenden Anhängern vor dem Hotel in der Berliner City zu, Bastian Schweinsteiger schrieb als einziger Spieler einige Autogramme. Die meisten Akteure hatten das Frühstück ausfallen lassen und trugen am Mittwochmittag bei der Rückreise nach München immer noch jene roten Trainingsklamotten, die sie auch in der Nacht nach der Express-Meisterschaft am 27. Bundesliga-Spieltag bei der mannschaftsinternen Party in einer Berliner Szenebar anhatten.
Die „Super-Bayern“ konnten mit dem lockeren 3:1 (2:0) gegen Hertha BSC Vollzug melden und einen Haken machen unter Meisterschaft Nummer 24., die als Saison der Rekorde und einer erdrückenden Dominanz in die deutschen Fußball-Geschichtsbücher eingehen wird. „Bei uns hat alles gepasst“, schwärmte Manuel Neuer. Ein Titelgewinn im März und damit so früh wie nie zuvor war dennoch gewöhnungsbedürftig. „Es war draußen noch ein bisschen kalt“, scherzte der Nationaltorhüter.
Aber das Beste soll ja erst noch kommen. „Wir sind weiter hungrig, wir sind noch nicht am Ende. Es gibt noch weitere Titel zu gewinnen“, verkündete Lahm. Das nächste Triple erscheint am Horizont. „Was Jupp Heynckes in der vergangenen Saison erreicht hat, ist eine einmalige Geschichte. Es ist nicht leicht, das zu wiederholen. Aber wir werden das probieren“, kündigte Trainer Pep Guardiola an, der seinen Spielern im Olympiastadion aus einiger Distanz beim ausgelassenen Jubel mit einer Papp-Meisterschale vor der Fankurve zuschaute.
Der 43-Jährige setzte sich zwischendurch auf die Ersatzbank und telefonierte mit seiner Frau Cristina. „Das war ein privater Moment“, verriet Guardiola. Die erste deutsche Meisterschaft fühlte sich ganz besonders für ihn an: „Es ist das erste Mal, dass ich etwas außerhalb meiner Heimat gewonnen habe.“
Guardiola knüpft in München nahtlos an jene 14 Titel an, die er in vier Jahren mit dem FC Barcelona gewinnen konnte. Club-WM, UEFA-Supercup, Meisterschaft - mit Bayern sind es schon nach zehn Monaten drei. Und der Katalane glaubt, dass sich der FC Bayern „in der nächsten Saison noch verbessern kann - und das ist gut für mich als Trainer“. Der Spanier hatte nach dem erfüllten Titel-Auftrag als „Chef“ beim Feiern kein Limit gesetzt. „Wenn du einen Titel gewinnst, musst du das genießen“, sagte er.
Für Mittwoch gab Guardiola seinen Spielern frei, ein ursprünglich noch vor dem Rückflug nach Bayern geplantes Training in Berlin strich er. Um 13.47 Uhr landete der Tross dann mit einer Sondermaschine in München und wurde dort von Dutzenden Kamerateams empfangen. Fans fanden sich dagegen an dem Flughafen-Terminal keine ein.
Die ganz große Party-Sause mit echter Meisterschale und Bierduschen wird es ohnehin erst am 10. Mai geben. „Ein bisschen Rotwein, ein bisschen Weißwein, ganz normal“ - so beschrieb Guardiola den ersten Feierakt bei Fingerfood und Currywurst in der Kitty Cheng Bar in Berlins Mitte. „Am letzten Spieltag gegen Stuttgart werden wir in München richtig feiern“, versprach der Coach und widmete den Erfolg Uli Hoeneß: „Die Meisterschaft ist für Uli Hoeneß, die wichtigste Person im Verein.“ Der ehemalige Präsident fehlte in Berlin wieder, aber auch Sportvorstand Matthias Sammer stellte klar: „Er ist auch deutscher Meister, keine Frage.“
Nach kurzem Durchpusten soll sofort die harte Arbeit fortgesetzt werden, die schon jetzt zu einem erneuten Gigantenvorsprung vor den chancenlosen Liga-Herausforderern wie Borussia Dortmund führte. „Wir wollen auch die restlichen Spiele alle gewinnen, das ist erst einmal die Botschaft“, betonte Sammer. Langeweile im Titelkampf? Die Bayern stört es - wohl als einzige - nicht. „Für uns ist das nicht langweilig. Ich kann nur eines sagen: Wir werden nicht nachlassen“, sagte Sammer und erinnerte an die Jahre 2011 und 2012, als jeweils der Rivale aus Dortmund Meister geworden war: „Es steht ja auch erst 2:2 in den letzten vier Jahren, das darf man nicht vergessen.“
Aber wer sollte national diese Super-Bayern aufhalten, die sich nach der WM im Sommer auch noch mit BVB-Torjäger Robert Lewandowski verstärken? „Es wäre auch mal wieder schön, wenn sie beschließen, ein Spiel zu verlieren, damit es wieder spannender wird“, bemerkte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke. Guardiola habe den Triple-Sieger „noch mal weiterentwickelt“ und das Team „in punkto Dominanz und Ballbesitz klar seinen Stempel aufgedrückt“, urteilte Bundestrainer Joachim Löw als Tribünengast und orakelte: „Der FC Bayern hat alle Möglichkeiten, die Erfolge der vergangenen Saison zu wiederholen.“
Das erneute Triple ist ab sofort das neue Ziel der Unersättlichen. „Donnerstag werden wir ein bisschen mit der Vorbereitung auf Hoffenheim und Manchester United anfangen“, sagte Guardiola. Der Katalane will mehr, viel mehr: „Die Spielweise ist der Schlüssel für alles. Wenn du gut spielst, kannst du mehrere Titel gewinnen.“
„Wir wollen nach Lissabon ins Champions-League-Finale. Und wir wollen wieder nach Berlin und hier den DFB-Pokal holen“, erklärte Neuer. Beides dürfte schwieriger werden als der letzte Meisterschritt in Berlin. Nach dem Blitzstart mit den Toren von Toni Kroos (6. Minute) und Mario Götze (14.) war der Grundstein gelegt. „In der ersten halben Stunde dachte ich: Die spielen mit ein oder zwei Mann mehr“, stöhnte Hertha-Coach Jos Luhukay.
Franck Ribéry (79.) sorgte für den Endstand, nachdem die insgesamt überforderten Berliner durch einen Foulelfmeter von Adrian Ramos (66.) vor 76 197 Zuschauern auf 1:2 verkürzt hatten. „Wir wollten unbedingt hier Meister werden. Genauso haben wir auch angefangen. Dazwischen haben wir es etwas schleifen lassen“, resümierte Kapitän Lahm nach dem 19. Liga-Sieg in Serie.
Sammer traut Guardiola zu, dass er gleich im ersten Jahr schaffen kann, was Vorgänger Heynckes erst beim Abschied in den Ruhestand gelang. „Man darf nicht vergessen: Wenn einer das nach so einer Saison wie im letzten Jahr so weiterführt und sogar noch punktuell verändert, muss das ein ganz großer Trainer und Mensch sein. Denn die Spieler müssen auch dem Menschen folgen“, sagte der Sportvorstand.