Bundesarbeitsgericht Nur Zeitverträge für Fußballer: Müllers Rebellion scheitert
Erfurt (dpa) - Entwarnung für die Manager der deutschen Bundesligaclubs: Sie haben jetzt die höchstrichterliche Bestätigung, dass sie auch künftig mit Profis immer neue befristete Arbeitsverträge abschließen können und sie nicht bis zur Fußballerrente bezahlen müssen.
Den Präzedenzfall für das erste Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtmäßigkeit von Befristungen im Profisport lieferte am Dienstag der Mainzer Ex-Torhüter Heinz Müller.
Mit seiner Klage gegen die Befristung seines Vertrags rebellierte der inzwischen 39-jährige Müller gegen die gängige Praxis in der Bundesliga - und verlor den seit 2014 schwelenden Rechtsstreit mit dem FSV Mainz 05. Er konnte sich auch mit der Forderung auf Nachzahlung von 261.000 Euro für entgangene Punktspielprämien nicht durchsetzen. Es gebe keinen Anspruch auf Spieleinsätze, hieß es zur Begründung. Eher unfreiwillig sorgte der ehemalige Bundesligaspieler für Rechtssicherheit im umstrittenen Bundesligavertrags- und damit auch Transfersystem.
„Die DFL begrüßt diese klare Entscheidung, die in einem gesetzlich bislang nicht eindeutig geregelten Bereich nun für die erforderliche Rechtssicherheit sorgt“, teilte die Deutsche Fußball Liga als Dachorganisation der 36 Proficlubs und von etwa 1000 Lizenzspielern mit. „Diese Entscheidung ist im Sinn und im Interesse des Wettbewerbs, der Clubs, der Fans und auch der Spieler, gerade auch im Hinblick auf andere diesbezügliche Verfahren.“
Erleichterung herrschte auch beim FSV Mainz 05: „Das Urteil besitzt für Mainz 05 und den gesamten Fußball grundlegende Bedeutung. Um dem Prinzip des Leistungssports zu folgen, müssen wir unseren Profikader immer wieder mit neuen Kräften verstärken“, sagte Sportvorstand Rouven Schröder in einer Mitteilung des Clubs.
Zu der mehr als einstündigen Verhandlung, bei der es Richterin Edith Gräfl immer wieder um die Frage ging, ob die hoch bezahlten Profifußballer besondere Arbeitnehmer sind, erschien Müller mit seinem Anwalt Horst Kletke. Er sei gekommen, weil er eine persönliche Vorladung erhalten habe, sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist alles gesagt.“ Zu seinem Fall schwieg er auch vor Gericht.
Die Zeitverträge, die die Vereine den Spielern für ein, zwei oder mehr Jahre ausstellen, seien „wegen der Eigenart der Arbeitsleistung des Lizenzspielers...gerechtfertigt“, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter. Sie stützten sich dabei auf einen Passus im Teilzeit- und Befristungsgesetz. Bisher hatten die Richter diesen Sonderstatus bei Befristungen nur Theaterleuten oder Schauspielern aus TV-Serien zugebilligt.
„Vom Fußball werden sportliche Höchstleistungen erwartet, man kann nicht davon ausgehen, dass diese bis zum Rentenalter zu erbringen sind“, sagte Richterin Gräfl in der Verhandlung. Dass Spitzenspieler Höchstleistungen nur für eine befristete Zeit erbringen könnten, begründe ihren besonderen Status bei Befristungen. Zudem ermöglichten Zeitverträge den Profis Vereinswechsel und damit neue Karriere- und auch Verdienstchancen, so die Richterin.
Der Anwalt von Mainz 05, Johan-Michael Menke, sagte zur Bundesliga: „Das ist eine Hochleistungsbranche.“ Bei jedem Spiel riskierten die Lizenzspieler ihre Gesundheit. Dass sie kein normales Arbeitsverhältnis hätten, zeige auch ihr Verdienst, der bei den Verträgen oft im Millionenbereich liege.
Müller hatte 2012 einen neuen Zweijahresvertrag beim FSV Mainz 05 bis Juni 2014 unterschieben, der sich ab 23 Bundesligaeinsätzen um ein Jahr bis Juni 2015 verlängern sollte. Dazu kam es nicht: Ein halbes Jahr vor Vertragsende verbannte der Trainer den Torwart in die zweite Mannschaft. Der Torhüter musste gegen seinen Willen bereits nach zwei Jahren gehen.
Die Vorinstanzen hatten unterschiedlich geurteilt. Das Arbeitsgericht Mainz gab Müllers Klage gegen die Befristung statt und versetzte die Bundesliga in Unruhe. Im Februar 2016 wies das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Klage jedoch ab, ließ aber die Revision beim Bundesarbeitsgericht zu.
Die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV) begrüßte das Urteil. Positiv sei, „dass nun Rechtssicherheit besteht und dem deutschen Fußball kurzfristig außerplanmäßige Abschreibungen in Millionenhöhe sowie internationale Wettbewerbsnachteile erspart bleiben“, sagte VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky der Deutschen Presse-Agentur.
Allerdings will die Spielergewerkschaft ihren Kampf für Tarifverträge im Profifußball fortsetzen. Clubs und Verbände seien „ein hohes Risiko eingegangen, indem sie nicht schon vor dem Urteil eine tarifvertragliche Lösung gesucht haben“. In anderen großen europäischen Fußballnationen seien Tarifverträge Standard.