Oenning bleibt trotz historischem HSV-Fehlstart
Hamburg (dpa) - Trotz 14 Gegentoren in vier Spielen und einem historischen Fehlstart will sich der Hamburger SV nicht den Gesetzen des Fußballs beugen und hält an Trainer Michael Oenning fest.
„Ich will nicht wortbrüchig werden“, betonte der HSV-Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow im Anschluss an das spektakuläre 3:4 (1:1) gegen den 1. FC Köln. Die Vereinsführung habe grundsätzlich das Vertrauen in Oenning, jetzt müssten aber Ergebnisse her. Noch in der Kabine gab es beim Tabellenschlusslicht ein Krisengespräch mit Jarchow, Sportdirektor Frank Arnesen und dem glücklosen Coach.
„Das war ein extremer Nackenschlag“, sagte Oenning, dem die bundesliga-untaugliche Defensivleistung und die Pannenserie von Torwart Jaroslav Drobny sichtlich zu schaffen machten. Kein HSV-Übungsleiter hatte je so eine schlechte Startbilanz - Oenning wartet seit elf Partien auf einen Erfolg. Und so miserabel in die Saison kam das Bundesliga-Gründungsmitglied zuletzt 1972/73, als der HSV viermal in Serie verlor.
Thomas Doll musste vor viereinhalb Jahren für Huub Stevens weichen, als der Club Letzter war. Doch das war erst im Winter. Schon jetzt kommen beim Bundesliga-Dino Abstiegsängste auf. Zu instabil zeigte sich die zwar spielfreudige, aber katastrophal in der Rückwärtsbewegung organisierte Mannschaft. „Michael Oenning ist für mich der richtige Trainer“, sagte Nationalspieler Dennis Aogo. Er sei überzeugt, dass kein Mitspieler schon wieder einen neuen Coach wolle.
„Warum sollen wir jetzt über den Trainer reden, wir haben in den letzten zehn Jahren neun gehabt? Der Verschleiß hat uns nicht immer weitergebracht“, argumentierte auch Jarchow. Eine Diskussion über den Fußballlehrer sei zu diesem Zeitpunkt verfrüht, die Profis sollten kein Alibi bekommen, beteuerte der Nachfolger von Bernd Hoffmann.
Und Arnesen unterstrich: „Wir müssen dem Druck standhalten. Wir haben viel besser Fußball gespielt als in den vergangenen Wochen.“ Mit Ausnahme von Drobny, der ganz anders als Vorgänger Frank Rost viel zu zögerlich agiert und sich wie schon gegen Hertha BSC dicke Patzer erlaubte. Ein Austausch gegen den talentierten Ersatzkeeper Tom Mickel kommt für Oenning auch nach den Schnitzern bei den Toren von Milivoje Novakovics (49.) und Kevin McKenna (88.) nicht in Frage.
„Das ist extrem bitter für Jaro, aber das muss er wegstecken“, so Oenning, der nach der zwischenzeitlichen 3:2-Führung durch Mladen Petric (11.), Neuzugang Slobodan Rajkovic (59.) und Son Heung-Min (62.) nicht mit der dritten Niederlage rechnete. Fassungslos ob seiner desorganisierten Abwehr war er schon beim 1:1 durch Adel Chihi (21.) und den beiden Standards zum Schluss von Christian Clemens (84.) und McKenna. Die in jeder Partie veränderte Defensive hinkt dem Tempo in der Bundesliga hinterher. Vor allem Arnesen muss sich der Kritik stellen, zu blauäugig Nachwuchskräfte eingekauft zu haben.
Bis zum Transferschluss am 31. August soll mit einem neuen Regisseur nachgebessert werden. Geld ist zwar noch nicht da. Bis zu zehn Millionen Euro in die leere Kasse könnte allerdings Eljero Elia bringen, für den sich neben Juventus Turin auch Arsenal London interessieren soll.
Seinen ganz eigenen Humor bewies nach der Nervenschlacht Kölns Coach Stale Solbakken nach seinem ersten Bundesliga-Erfolg: „Dieses Spiel war nicht gut für einen Trainer mit Herzschrittmacher.“ Für den 43-Jährigen, der nach einem Herzstillstand vor acht Jahren mit dem kleinen Gerät lebt, wird es in der Länderspielpause etwas ruhiger in der Domstadt.