Esswein zündet nach Denkpause - FCA fehlt Qualität
Nürnberg (dpa) - „Joker“ Alexander Esswein lässt Nürnberg im ersten Bundesliga-Derby gegen Augsburg jubeln. Der „Club“ ist im Soll - beim Aufsteiger schlägt Trainer Luhukay Alarm: Die Qualität reicht nicht aus.
Die Denkpause wirkte. Gegen Borussia Dortmund hatte Trainer Dieter Hecking U 21-Nationalspieler Alexander Esswein noch aus dem Kader gestrichen - beim 1:0 (0:0)-Heimsieg des 1. FC Nürnberg im ersten Bundesliga-Derby gegen den FC Augsburg zündete der Stürmer nur eine Woche später prompt als treffsicherer „Joker“.
„Ich war sehr motiviert“, berichtete der 250 000 Euro-Neuzugang von Dynamo Dresden, der in der 76. Spielminute mit seinem ersten Bundesligator für das Glanzlicht eines tristen Fußball-Kicks sorgte. Erst versetzte Esswein Gegenspieler Gibril Sankoh, danach zirkelte er den Ball gefühlvoll ins lange Eck, dann jubelte er völlig losgelöst. „Das sind Emotionen. Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.“
Der Linksschuss des eingewechselten Außenstürmers bescherte dem „Club“ den ersten Heimsieg der Saison und im Gegensatz zum FCA einen ordentlichen Saisonstart. „Sechs Punkte aus vier Spielen sind eine Ausbeute, die ist aller Ehren wert“, kommentierte Hecking.
Der „Club“-Coach hofft, dass der goldene Schuss Matchwinner Esswein, der in der letzten Saison 17 Tore für Zweitliga-Aufsteiger Dresden in der 3. Liga erzielte, „einen Schub“ geben wird: „Er wird noch mehr Spiele für uns entscheiden.“
Überhaupt war der Trainer stolz auf seine Bubi-Truppe. Die Startelf hatte ein Durchschnittsalter von 23,45 Jahren. Für den beim Aufwärmen passenden Mittelfeldregisseur Markus Feulner musste der 18 Jahre alte Julian Wießmeier einspringen. Der Youngster machte seine Sache ordentlich. „Die Jungen müssen die Fahne hochhalten“, meinte Hecking, „Kompliment.“ Den geringen Unterhaltungswert nahm er in Kauf: „Wir wollen auch mal 4:3 gewinnen - ein Feuerwerk. Aber unter dem Strich stehen drei Punkte, das ist wichtig.“
Auch Augsburg ist in der Bundesliga angekommen - und zwar im Abstiegskampf. „Wir passen einmal nicht auf - und Esswein macht ein Supertor. Es war mehr drin“, kommentierte Torwart Simon Jentzsch frustriert. Die Aufstiegseuphorie ist nach der zweiten Niederlage verflogen. „Wir müssen Lehrgeld zahlen“, stöhnte Jos Luhukay.
Nach der zweiten Pleite in Serie befürchtet der Trainer bereits einen mentalen Knacks: „Wir dürfen nicht den Glauben verlieren“, sagte der Holländer am Samstag beinahe beschwörend. Das „Vergnügen“ des ersten Bundesligasieges müsse sich schnellstens einstellen.
Aber wie? Den Ausfall beider Außenverteidiger steckte der Liga-Neuling defensiv noch einigermaßen weg. Aber offensiv ist der FCA kaum erstligatauglich. Sascha Mölders, der alle drei Saisontore erzielt hat, war als Alleinunterhalter in Nürnberg überfordert.
Luhukay schlug kurz vor Ablauf der Transferfrist an diesem Mittwoch Alarm. „Nach vorne fehlt uns einfach die letzte Qualität“, sagte er. Um einen „Joker“ wie Esswein beneidete er den Kollegen Hecking. „So einen Spieler haben wir nicht auf der Bank, den wir einwechseln können. Darüber bin ich traurig.“
Man sei „im Markt unterwegs“, berichtete Rettig. Aber einen dicken Fisch werde der Bundesligist mit dem geringsten Etat (30 Millionen Euro) nicht an Land ziehen können, betonte der Manager: „Wir können nur zum Studententarif einkaufen.“ Vielmehr ärgerte Rettig der aus seiner Sicht unnötig verschenkte wertvolle Auswärtspunkt: „Das war ein typisches 0:0-Spiel - nur muss man dann auch 0:0 spielen.“