Rafatis Motive weiter unklar - Zukunft offen
Frankfurt/Main (dpa) - Die Polizei und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hüllen sich über die Hintergründe des Suizidversuchs von Babak Rafati weiter in Schweigen, und auch die Zukunft des 41-jährigen Bankkaufmanns als Bundesliga-Schiedsrichter ist unklar.
„Diese Frage kann ich im Moment noch nicht beantworten“ sagte DFB-Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel in einem Interview der „Bild“-Zeitung. Rafati befindet sich noch in stationärer Behandlung. Als erstes Maßnahme nach den dramatischen Ereignissen erwägt die von Fandel geleitete Schiedsrichter-Kommission offenbar die Einführung einer regelmäßigen psychologischen Betreuung für die Unparteiischen. Zudem soll das Kontingent von sechs hauptamtlichen Mitarbeitern in der Frankfurter Verbandszentrale aufgestockt werden.
Über diese und weitere Reformen wollte sich Fandel jedoch nicht näher äußern. „Grundsätzlich bin ich immer dafür, Lehren aus bestimmten Geschehnissen zu ziehen und Positives daraus zu entwickeln. Dies tue ich aber mit Sicherheit nicht jetzt und vor allen Dingen nicht in der Öffentlichkeit“, sagte Fandel der Nachrichtenagentur dpa.
Dafür redete Fandel erstmals nach Rafatis Selbsttötungsversuch Klartext über den aus seiner Sicht unwürdigen Umgang mit den Referees. „Wenn Beteiligte nach Abpfiff wutentbrannt vor Kameras laufen und Schiedsrichter attackieren, entsteht eine schlimme Außenwirkung. Denn dadurch verlieren auch die Fans die Nerven und die Schiedsrichter kommen sich wie Gejagte vor. Damit muss Schluss sein“, sagte Fandel.
Der frühere FIFA-Referee fordert ein kollektives Umdenken von Spielern, Trainern, Managern und Fans, denn: „Einige teilen so ordentlich aus, dass ein unerträgliches Klima entsteht. Die Schiedsrichter können ihrer Aufgabe dadurch kaum noch vernünftig nachgehen.“
Fandel, der noch keinen Kontakt mit Rafati hatte, sprach sich zudem nachdrücklich für die Abschaffung der Umfrage des Fachmagazins „kicker“ unter den Bundesligaprofis nach dem schlechtesten Schiedsrichter aus. „Diese Wahl ist demütigend - sie gehört sofort abgeschafft. Hier werden Schiedsrichter vorgeführt, ihre Persönlichkeit beschädigt“, kritisierte der 47-Jährige und befeuerte noch einmal die Diskussion um die gestiegene psychische Belastung für die Referees: „Ich kenne keinen Personenkreis, der höherem Druck ausgesetzt ist als Bundesliga-Schiedsrichter. Das ist in den letzten Monaten noch viel extremer geworden.“
Weiterhin unbeantwortet bleibt die Frage, was Rafati zu seiner Verzweiflungstat getrieben hat. Die Ermittlungsbehörden lehnen es aus „Gründen des Persönlichkeitsschutzes“ strikt ab, der Öffentlichkeit Details preiszugeben. „Bei Vorgängen im Zusammenhang mit Selbsttötungsabsichten kommunizieren wir generell nichts. Das wäre für die Stabilisierung der Psyche der betroffenen Person kontraproduktiv“, sagte der Kölner Polizeisprecher Wolfgang Baldes der Nachrichtenagentur dpa. Auch der DFB will sich nicht über mögliche Motive äußern, solange die Gründe nicht ermittelt sind. Rafati hatte über seinen Anwalt den ausdrücklichen Wunsch übermittelt, in enger Abstimmung mit dem DFB die Vorgänge ganz in Ruhe aufarbeiten zu wollen.