Rehhagels heißer Winter-Einstand: „Alles Gute, Otto“
Berlin (dpa) - Auf eine wärmende Mütze hatte Otto Rehhagel trotz dichten Schneetreibens bei seiner ersten Übungseinheit als Hertha-Chefcoach verzichtet. Auch mit seiner Eröffnungsansprache vor dem Team machte der 73-jährige Bundesliga-Rückkehrer klar: Er ist heiß auf seine Rettungsmission in Berlin.
„Wenn ein Otto Rehhagel einen Raum betritt, füllt er den Raum“, schilderte Mittelfeldspieler Peter Niemeyer die Atmosphäre beim halbstündigen Monolog des Altmeisters in der Kabine. „Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung“, beschrieb Torhüter Thomas Kraft den ersten Kontakt.
Es war „schon emotional“, bemerkte Michael Preetz, der mit dem Rücken zur Wand den Joker Rehhagel zog und dabei voll auf die Aura des Trainer-Routiniers setzt: „Ich hoffe, dass man es spürt. Er hat eine unglaubliche Erfahrung. Das wissen die Spieler auch“, sagte der Manager. Mit einer Hertha-Pudelmütze auf dem Kopf hatte Preetz Rehhagels erste Berliner Übungsstunde bei heftigem Schneefall und Wind verfolgt. „Alles Gute, Otto“, rief einer der rund 60 Fans nach einer Stunde Wintertraining dem schmunzelnden Rehhagel zu. Trainer, Manager und Profis werden es brauchen.
„Natürlich erzählt er von früher“, berichtete Niemeyer. Doch Rehhagel machte auch sofort klar, dass in der Gegenwart für ihn keine Namen zählen: „Es geht ums Kollektiv.“ Genau fünf Tage Kennenlernen, Einstimmen und Vorbereiten bleiben dem Trainer-Oldie nur, dann geht es am Samstag für sein Team in Augsburg schon um ganz viel. „Jede Trainingseinheit ist wichtig“ für den seit elf Bundesliga-Spielen sieglosen Hauptstadtclub, betonte Niemeyer. Und so wurde auch auf verschneitem Rasen gegrätscht, kombiniert und gekämpft.
Nach rund 40 Minuten griff der neue Chef - bis dahin in seinem Daunenmantel eher Beobachter - erstmals ein, unterbrach das Trainingsspiel und versammelte seine Profis. „Er spricht Dinge, die er nicht richtig fand, gleich klar an“, verriet Niemeyer. In der Geschäftsstelle hatte sich Rehhagel bei jedem Mitarbeiter persönlich vorgestellt; mit Manager Preetz, Präsident Werner Gegenbauer sowie seinen neuen Co-Trainern René Tretschok und Ante Covic beriet er stundenlang. Es gehe darum, „unnötige Kriegsschauplätze“ zu vermeiden, hatte Rehhagel bereits deutlich unterstrichen.
Die Medienstadt Berlin hat längst Besitz ergriffen von „Otto“, dem Meistermacher, auch wenn seine Mission jetzt Nichtabstieg heißt. Mehr als ein Dutzend Kamerateams und rund 50 Journalisten dokumentierten am Dienstag Rehhagels Rückkehr auf einen Übungsplatz in der Fußball-Bundesliga. „Das ist ja das Schöne, dass nicht alle auf uns gucken, sondern auf den Trainer Otto Rehhagel“, bemerkte Profi Niemeyer. Und Rehhagel hat schon wieder Spaß gefunden.
Von einem Schlussakt seiner langen Trainerkarriere will der gebürtige Essener jedenfalls nichts wissen. Schon bei seiner Eröffnungspressekonferenz in Berlin hatte er betont: „Ich fühle mich gesund und fit.“ In der „Bild“-Zeitung legte Rehhagel nach: „Wenn man mich um Hilfe bittet, könnte ich mir auch eine Rolle als sportlicher Berater vorstellen. Alles ist offen. Aber jetzt zählen nur die nächsten drei Monate bei Hertha!“ Präsident Gegenbauer meinte kryptisch: „Es liegt jetzt an uns, seine Erfahrung auch in Zukunft für Hertha BSC zu nutzen.“