Kritik an 50+1-Abstimmung Rummenigge: Liga soll sich für Investoren öffnen

Frankfurt/Main (dpa) - Wenn sich die Fußball-Bundesliga nicht für Investoren öffnet, wird sie international immer mehr den Anschluss verlieren und national weiter langweilig bleiben: Das sind die Kernthesen von Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

In einem vierseitigen Interview des Fachmagazins „Kicker“ attackierte er dazu noch die Deutsche Fußball Liga („Ich habe mich geistig ein Stück von der DFL verabschiedet“) und den FC St. Pauli („Ein mäßiger Zweitligist“). Ausgerechnet Rummenigge will damit der Liga erklären, wie sie an der erdrückenden Dominanz des FC Bayern wieder etwas ändern könnte.

Denn er betont in diesem Interview vor allem zwei Dinge: „Wir vom FC Bayern sind an Emotionen und Wettbewerb interessiert“, sagte der 62-Jährige. „Und Wettbewerb heißt, was wir in der Vergangenheit oft erlebt haben: In den Anfängen der Liga mit Mönchengladbach, später mit Hamburg oder Bremen, in den vergangenen Jahren mit dem BVB. Das ist es, was der Fußballfan in Deutschland will.“

Und der zweite Punkt, den der Fußballfan in Deutschland mehrheitlich allerdings anders sieht: Investoren sind laut Rummenigge keine Gefahr für den Fußball, sondern machen ihn seiner Meinung nach eher besser.

„Wer war Chelsea vor Roman Abramowitsch? Wer war Manchester City, bevor der Scheich aus Abu Dhabi kam? Wer war Paris Saint-Germain vor Nasser Al-Khelaifi?“, sagte der Bayern-Boss und langjährige Vorsitzende der europäischen Club-Vereinigung ECA. „Sorry, aber mit diesen Investoren kam neue Qualität in diese Clubs, die heute nicht aus Zufall unter den Top Ten des UEFA-Club-Rankings stehen. Mehr Qualität bedeutet mehr sportliche Spannung und besseren Fußball.“

Das Rummenigge-Interview ist ein weiterer Beitrag zu der Diskussion über die 50+1-Regel im deutschen Profifußball. Die begrenzt den Einfluss externer Geldgeber auf die Vereine der 1. und 2. Bundesliga, weil sie festlegt: Selbst wenn die Vereine ihre Profiabteilungen in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern, müssen immer noch sie selbst und nicht ein Investor die Stimmenmehrheit besitzen.

Auf Antrag des FC St. Pauli und seines Geschäftsführers Andreas Rettig hat eine Mehrheit der Erst- und Zweitliga-Clubs in der vergangenen Woche eine Beibehaltung der 50+1-Regel beschlossen. Rummenigge ist jedoch der Überzeugung: „Die DFL sollte den Umgang mit 50+1 jedem Club selbst überlassen.“

Im Gespräch mit dem „Kicker“ verweist er darauf, dass die vier konzern- beziehungsweise mäzen-gelenkten Clubs RB Leipzig, VfL Wolfsburg, 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen die 50+1-Regel bereits erfolgreich umgehen oder eine Ausnahmegenehmigung davon besitzen. Seine Schlussfolgerung ist auch hier: „Bei nüchterner Betrachtung war das gut und hilfreich für die Bundesliga.“

Dass Rummenigge und der FC Bayern auf Distanz zum Rest der Liga gehen und sogar ein Ende der Solidargemeinschaft in den Raum stellen, ist nicht neu. Rummenigge schimpft, Rummenigge droht, Rummenigge geht vor allem den St.-Pauli-Manager und früheren DFL-Funktionär Andreas Rettig persönlich an („Schweinchen Schlau“): Dieses Muster war auch in der Debatte um die zentrale Vermarktung der TV-Gelder zu erkennen.

In beiden Fragen haben sich die Münchener mit ihrer Position nicht durchsetzen können. Sie sind zwar der mit Abstand reichste, erfolgreichste und auch einflussreichste Verein des Landes. Die Stimme des FC Bayern hat aber in einer Mitgliederversammlung der DFL genauso viel Gewicht wie die des FC St. Pauli. Und wer elementare Dinge wie die 50+1-Regel oder die Zentralvermarktung kippen möchte, benötigt in dieser Versammlung eine Zweidrittelmehrheit.

Der DFL selbst wirft Rummenigge vor, bei solchen Diskussionen zu wenig die Richtung vorzugeben. „Eine Führung muss führen, das ist das entscheidende Kriterium“, sagte er. „Sie darf sich nicht von Ideologen oder Zwecknostalgikern vorführen lassen.“ Der damit gemeinte Andreas Rettig reagierte auf das Interview nur mit einem Satz: „Karl-Heinz Rummenigge war ein erstklassiger Stürmer.“