Schalke erteilt VfB Lehrstunde - Stevens in Sorge
Stuttgart (dpa) - Der schmerzhafte Denkzettel seines Herzensvereins Schalke 04 brachte Huub Stevens gehörig ins Grübeln. Kurz vor der Weihnachtsfeier des VfB Stuttgart musste der Hoffnungsträger der Schwaben eingestehen, dass noch nicht alle den Ernst der Lage erkannt hätten.
„Es muss bei allen Beteiligten klick machen“, forderte der Schalker „Jahrhunderttrainer“ nach dem 0:4 (0:3). „Ich habe nicht umsonst gesagt, dass es diese Saison schwieriger wird als in der letzten. Ich hoffe, das ist nur eine Momentaufnahme.“
Verschlafen und unkoordiniert wirkten die abstiegsbedrohten Stuttgarter. Völlig verdient kassierten sie die Tore von Eric Maxim Choupo-Moting (1. Minute/21./61.) und Max Meyer (10.) und stecken weiter im Tabellenkeller fest. „Sie müssen wissen, wo es langgeht“, kritisierte Stevens. „Ich hatte heute nicht das Gefühl, dass alle zur Sache gingen. Wir müssen wieder die Köpfe hochkriegen.“
Eine Woche zuvor hatte der fünfmalige Meister noch ein ganz anderes Bild abgegeben und Stevens beim SC Freiburg ein perfektes Debüt bereitet. „Vielleicht hat das 4:1 bei einigen im Unterbewusstsein nicht gut gewirkt“, musste der 61-jährige Niederländer nun nach der achten Saisonniederlage in der Fußball-Bundesliga einräumen.
Nachhaltige Wirkung hinterließen die Schalker Freistöße und Eckbälle. „Wir haben noch vor dem Spiel gesagt: Denkt an die Standards, weil sie bei Standards stark sind“, wunderte sich der angefressene Stevens nach seiner höchsten Niederlage als Bundesligacoach. Gegen die eiskalte Effektivität der Königsblauen hatten die chronisch heimschwachen Stuttgarter nichts auszurichten.
„Wenn es darauf ankam, waren wir nicht da“, analysierte Sportdirektor Jochen Schneider. „Die Niederlage tut sehr, sehr weh. Es ist bitter, was wir den Zuschauern zumuten.“ Kapitän Christian Gentner beklagte: „Wir waren ständig zu spät.“ Bei den ersten beiden Treffern Choupo-Motings war das jeweils Martin Harnik, der seine Schuld auch einräumte. Auf die Frage, wie viele Denkzettel die wechselhafte VfB-Mannschaft noch brauche, antwortete dann Schneider: „Das ist die Frage. Das war in dieser Form nicht abzusehen.“
Die Stimmung bei der Weihnachtsfeier am Montag dürfte ähnlich gedämpft wie in der jüngeren Vergangenheit sein, da sich die Schwaben mittlerweile zur Bundesliga-Unterschicht zählen lassen müssen. „Abstiegskampf ist einfach scheiße und macht keinen Spaß“, ätzte Torwart Sven Ulreich. „Wir müssen mit Leidenschaft und Einsatz die Tugenden zurückbringen, die man zum Punkten braucht.“
Bei der Jagd nach Zählern kann Antonio Rüdiger vorerst nicht mehr mithelfen. Wie die Schwaben nach einer Kernspintomographie mitteilten, zog sich der 21 Jahre alte Verteidiger in der Endphase eine Meniskusverletzung im rechten Knie zu. „Die Verletzung macht einen operativen Eingriff erforderlich, der in den nächsten Tagen erfolgen wird“, hieß es. Die Dauer des Ausfalls könne erst nach dem Eingriff eingeschätzt werden. Rüdiger war gegen Schalke kurz vor Schluss mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden gesunken. Auf dem Weg in die Kabine musste er sogar gestützt werden.
Positive Rückmeldung erhielt Stevens bei seiner Heimspiel-Rückkehr als VfB-Coach hingegen von den Schalker Fans, deren Zuspruch ihn freute. „Das war ein Dankeschön für die vielen guten Jahre, die wir hatten. Das ist schön, ist mir aber nicht so wichtig“, erzählte Stevens mit Blick auf die prekäre Lage der Schwaben. „Wir müssen das schnell abhaken, daraus lernen und positiv aus der Sache rauskommen.“
Mainz, Hamburg, Paderborn - auf den flatterhaften VfB Stuttgart warten noch unangenehme Kontrahenten vor der Winterpause. Schalkes Sportvorstand ist überzeugt, dass sein früherer Verein den Ausweg aus der Ausnahmesituation wieder findet. „Huub Stevens wird die Mannschaft ganz sicher nach vorne bringen“, meinte Horst Heldt. Dazu muss es aber erst noch bei allen Stuttgartern klick machen.