Schalker Milchgesicht Draxler als Matchwinner
Wolfsburg (dpa) - Julian Draxler konnte sich vor Glückwünschen kaum retten. Nach dem 4:1-Sieg beim VfL Wolfsburg herzten die Mitspieler das 19-jährige Eigengewächs des FC Schalke 04 und klopften ihm immer wieder anerkennend auf die Schulter.
„Gut gemacht, Jule“, sagte Jefferson Farfan. Trainer Jens Keller holte in seinem Lob für Milchgesicht Draxler sogar noch weiter aus: „Er hat heute eine Weltklasseleistung abgeliefert.“ Mit seinen ersten Doppelpack in der Fußball-Bundesliga hatte der Jungstar maßgeblichen Anteil am ersten Auswärtssieg seit Oktober 2012, mit dem sich die Schalker im Kreis der Europa League-Anwärter zurückmeldeten.
„Es lief ganz gut, aber ich habe das Spiel nicht alleine entschieden“, gab Draxler nach seinem Galaauftritt in der Wolfsburger VW-Arena, zu dem auch die Vorarbeit zum dritten Tor durch Farfan zählte, brav zu Protokoll. Er ärgerte sich sogar ein bisschen, weil er in der ersten Hälfte den Ball anstatt zur 2:0-Führung ins unbewachte Tor an den Pfosten schoss. „Mit etwas mehr Glück geht der Ball rein“, verbuchte er das Missgeschick unter Künstlerpech.
Draxler, der mit 17 Jahren und 117 Tagen als jüngster Schalker Spieler überhaupt sein Debüt in der Bundesliga gab, ist auf dem besten Weg, bei den Knappen eine Identifikationsfigur wie einst Olaf Thon oder Manuel Neuer zu werden. Ein Manko hat der offensive Mittelfeldspieler nach Ansicht seines Trainers aber dennoch. „In den letzten Wochen hat er auf der Position diese Torgefahr nicht immer ausgestrahlt“, monierte Keller. Gegen Wolfsburg spielte er hinter der Ein-Mann-Spitze Klaas-Jan Huntelaar, der mit dem Treffer zum 4:1 seine 608-minütige Ladehemmung beendete. „Diese Rolle macht mir sehr viel Spaß“, sagte Draxler, da könne er dem Team am meisten helfen.
Durch den zweiten Ligasieg hintereinander haben sich die zuvor kriselnden Schalker im Rennen um die Europacup-Plätze wieder zurückgemeldet. „Die letzten Spiele haben uns viel Selbstvertrauen gegeben. So kann es gerne weitergehen“, erklärte Draxler. Als nächster Gegner wartet Meister Borussia Dortmund im Revier-Derby.
„Da freut sich jetzt jeder drauf“, sagte Torwart Timo Hildebrand, der mit zwei glänzenden Paraden gegen Diego und Vieirinha Wolfsburger Treffer verhinderte. „Das war nicht das erste überragende Spiel von Timo. Schon gegen Düsseldorf und in Istanbul hat er sich in Topform präsentiert“, lobte Keller seinen Schlussmann: „Er strahlt die nötige Sicherheit aus.“
Insgesamt wirkten die Königsblauen stabiler als noch vor ein paar Wochen. Selbst nach dem zwischenzeitlichen 1:1 durch Ivica Olic setzten die Schalker ihr schnelles Angriffsspiel fort. „Wir funktionieren als Mannschaft jetzt besser“, erkannte Hildebrand, warnte aber auch: „Wir müssen jetzt bescheiden bleiben und dürfen nicht denken, dass nach zwei Siegen jetzt alles von alleine läuft.“ Die Gefahr dürfte im Schlager gegen den Revier-Rivalen Dortmund nicht bestehen. „Die sind ein ganz anderes Kaliber“, weiß Hildebrand.
Für die Wolfsburger sollte es eigentlich auch nach oben gehen. Doch nach der Heimpleite stapften die VfL-Spieler frustriert in die Kabine. Anstatt Anschluss ans Mittelfeld zu halten, müssen sich die Niedersachsen nun noch einmal intensiv mit der Aufgabe Klassenerhalt beschäftigen. Zumal der FC Augsburg nach seinem Sieg in Bremen bis auf sechs Punkte herangerückt ist. „Unser Blick ist nach unten geschärft. Jetzt geht es darum, die nötigen Punkte einzufahren“, stellte Trainer Dieter Hecking fest.