„Schlampertes Genie“: 96-Stümer Schlaudraff trifft

Hannover (dpa) - Ein Aussortierter trifft wieder. Jan Schlaudraff, der bei Hannover 96 monatelang auf dem Abstellgleis stand und lediglich trainieren durfte, ist wieder mittendrin statt nur dabei.

„Ich bin froh, dass ich dazu beitragen kann, Punkte zu holen“, kommentierte der dreimalige Fußball-Nationalspieler sein erstes Saisontor beim klaren 3:0 (1:0) des Tabellenvierten gegen den SC Freiburg. „Mit jedem Punkt kommt mehr Sicherheit rein“, fügte der von 34 108 Zuschauern stürmisch gefeierte Stürmer hinzu. Er mischte mit Torjäger Didier Ya Konan die SC-Abwehr ordentlich auf.

Das „schlamperte Genie“ erhielt vor drei Wochen - bedingt durch die Verletzung seines Teamkollegen Mohammed Abdellaoue - eine unerwartete Chance in der 96-Startelf. Der ehemalige Bayern-Profi nutzte sie konsequent. Mit starken Leistungen trägt der schnelle und technisch versierte Kicker seitdem zum Höhenflug der Niedersachsen bei. „Drei Spiele, drei Siege, viel besser geht es kaum“, sagte Schlaudraff und vermied jede Form von Genugtuung über sein Comeback: „Ich bin glücklich über meine Leistung und die der Mannschaft.“

96-Trainer Mirko Slomka hatte Schlaudraff noch Ende August im NDR-Fernsehen mit den Worten „Wenn er spielen will, sollte er darüber nachdenken, sich einem anderen Club anzuschließen“, öffentlich und unverblümt einen Vereinswechsel empfohlen. Jetzt wollte der Coach nicht so einfach in die Jubelarien einstimmen. „Ich halte es für normal, dass Jan Tore vorbereitet und schießt“, sagte Slomka. Er sah „keine brillante Partie“, freute sich aber über die drei Stürmertore von Schlaudraff (15.), Ya Konan (73.) und „Joker“ Mike Hanke (89.) sowie über die 25 Punkte auf dem Konto.

„Wir haben ihn nicht weggelobt, wir haben ihn motiviert. Jan hat eine tolle Entwicklung genommen. Die Attribute, die er schon immer hatte, ruft er nun endlich ab. So wird er uns noch viel Freude bereiten“, sagte 96-Clubchef Martin Kind über Schlaudraff. Der 2008 aus München gekommene Profi besitzt in Hannover einen hoch dotierten Vertrag bis 2012 und zählt aktuell nicht mehr zu den Sorgenkindern. Stürmerkollege Hanke deutete hingegen trotz seines zweiten Joker- Tores Wechselabsichten an: „Ich habe erneut nur fünf Minuten gespielt und bin daher nicht zufrieden. Das weiß der Trainer und auch der Verein.“

Solche Stürmer-Probleme hat Freiburgs Trainer Robin Dutt nicht. In seinem Team ist alles auf Torjäger Papiss Demba Cissé zugeschnitten. Der traf auch in Hannover, doch Schiedsrichter Peter Sippel hatte zuvor ein angebliches Foulspiel an 96-Torwart Florian Fromlowitz gesehen und verweigerte die Anerkennung. „Eine Fehlentscheidung“, schimpfte Dutt. Zudem haderte er mit der Auswahl des Schuhwerks. Die Breisgauer kamen 90 Minuten lang nicht richtig in die Puschen und fielen nach der siebten Niederlage auf Rang acht zurück.

Von Europa sprachen nur die 96-Anhänger. „Die Fans können von allem träumen, aber die Mannschaft ist konzentriert und hebt nicht ab. Da müssen wir nicht eingreifen“, erklärte Sportdirektor Jörg Schmadtke. „Wir haben jetzt 25 Punkte - 40 sind unser Ziel“, sagte Clubchef Kind. Vier Punkte sollen bis zur Winterpause noch dazu kommen: „Das wäre dann eine außergewöhnliche Hinrunde. Nach dem letzten Jahr haben wir uns ein ruhiges Weihnachtsfest verdient.“