Schalke taumelt - Magath giftet gegen Spieler
Kaiserslautern (dpa) - Als die höchste Bundesliga-Pleite seit über 18 Jahren perfekt war, lag die heile Welt des FC Schalke 04 nur drei Tage nach dem umjubelten Einzug ins Champions-League-Achtelfinale schon wieder in Schutt und Asche.
Nach dem 0:5 (0:2)-Debakel beim Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern skandierten die Fans wütend „Wir haben die Schnauze“ voll, Nationaltorwart Manuel Neuer sprach erstmals vom Abstieg und Trainer Felix Magath warf seinen Profis sogar mangelnden Charakter vor.
„Ich bin enttäuscht und verärgert, weil ich einfach nicht nachvollziehen kann, wie man in ein Spiel mit dieser Bedeutung so reingehen kann. Da war kein Kampf, da war kein Einsatz - da war dann auch keine Harmonie. Zum Schluss war dann Aufgeben angesagt“, schimpfte Magath und kündigte für die nächsten Tage eine harte Gangart an: „Dieses Ergebnis schreit nach Konsequenzen.“
Am 26. September 1992 war Schalke beim 1:6 gegen Bayer Leverkusen letztmals so unter die Räder gekommen wie am Samstag auf dem Betzenberg. Fassungslos verfolgte Magath auf der Bank die Vorführung seiner völlig indisponierten Star-Truppe durch die „Roten Teufel“, die sich vor 49 474 Fans in einen Rausch spielten. Allerdings wurden Doppel-Schütze Srdjan Lakic (8./56.), Martin Amedick (39.), Ivo Ilicevic (76./Foulelfmeter) und Jan Moravek (88.) von den teilweise orientierungslos umherirrenden Schalkern auch zum Toreschießen eingeladen.
Magath hatte für die Metamorphose seiner Mannschaft nur 72 Stunden nach dem glanzvollen 3:0 in der Champions League gegen Olympique Lyon keine Erklärung. „Wir haben überhaupt keine Einstellung gefunden. Einige Spieler träumten anscheinend noch vom internationalen Fußball. Es ist einfach nicht zu erklären, wie eine Mannschaft, die bis auf eine Position unverändert angetreten ist, drei Tage später so desolat auftreten kann“, kritisierte er.
Mit 13 Punkten sitzt der Vizemeister als 15. im Tabellenkeller fest, was Nationaltorwart Neuer sorgenvoll in die Zukunft blicken ließ. „Wenn man nur Fußball spielen will und nicht kämpft, ist man auf dem falschen Weg. Wenn wir jedes Spiel so spielen, steigen wir auf jeden Fall ab“, warnte Neuer.
Für die wütende Reaktion der frustrierten Fans, die ihren Lieblingen schon während des Spiels demonstrativ den Rücken kehrten, hatte er Verständnis. „Wenn man eine solange Anreise hinter sich hat und dann hier in der Kälte steht und eine solche Mannschaftsleistung sieht, kann man den Aufstand verstehen.“
Neuer kündigte eine interne Aussprache an („Darüber muss man sich unterhalten“), die Charakterfrage wollte er jedoch nicht stellen. Dies tat dafür Magath in scharfer Form: „Ich bin auch deshalb enttäuscht, weil Spieler scheinbar nie erkennen, wie viel die Fans in solch eine Partie investieren. Dass die weit reisen, die Mannschaft unterstützen und anfeuern und es scheinbar viele Spieler gibt, die das nicht interessiert.“
Der allmächtige Trainer und Manager ist nun gefordert. Bis Weihnachten muss auf nationaler Ebene die Trendwende eingeleitet werden, ansonsten dürften die Tage auch für Magath ungemütlicher werden. Das größte Manko der „Königsblauen“ im Herbst 2010 hat der Coach bereits ausgemacht: „Es gibt zu viele Spieler bei uns, für die die Champions League eine zu große Bedeutung hat und die nicht begreifen, dass die Bundesliga unser Tagesgeschäft ist, in dem wir gefälligst unsere Leistung bringen müssen“, erklärte Magath. Zumindest er hat den Ernst der Lage längst erkannt: „Wenn wir jedes Spiel so spielen wie heute, wird es nicht ganz reichen für die Liga.“