Schlimme Sinnkrise - Borussia Dortmund gegen Eintracht 0:2
Was für ein Desaster in Dortmund: Nach dem 0:2 bei Eintracht Frankfurt geht der Champions-League-Finalist von 2013 tatsächlich als Bundesliga-Letzter in die Vorweihnachtszeit 2014
Dortmund. Einer hat gefehlt, als die Versagen den ganzen schwarz-gelben Unmut zu spüren bekam. Als Trainer und Spieler von Borussia Dortmund Richtung Fankurve gingen, um sich erstmals in dieser Spielzeit vom mitgereisten Anhang beschimpfen zu lassen, hatte der Torwart schon längst das Weite gesucht. Der nächste Nackenschlag — ein 0:2 (0:1) bei Eintracht Frankfurt — hatte Roman Weidenfeller so sehr auf den Magen geschlagen, das er schleunigst das Weite suchte und direkt in den Katakomben entschwand. Dort drückte auch das aschfahle Gesicht von Vorstandsvorsitzender Hans-Joachim Watzke aus, dass die Westfalen am Tiefpunkt angelangt sind: Die Metamorphose vom Champions-League-Finalisten bis zum Bundesliga-Letzten ist etwas, was dem Boss beinahe körperliche Schmerzen bereitet. Der Meister von 2011 und 2012 geht als Träger der roten Laterne in die Vorweihnachtszeit 2014 — zum ersten Male seit 29 Jahren stehen die Westfalen dort.
„Wir haben die Sicherheit nicht, das geht an den Jungs nicht spurlos vorbei“, stammelte Jürgen Klopp, „das zu durchbrechen, ist eine große Herausforderung.“ Der Trainer spürt, dass die Seinen in eine kaum erwartete Negativspirale geraten sind, aus der es derzeit kein Entrinnen zu geben scheint. Den Frust der Fans könne er nachvollziehen, sagte Klopp und versicherte sodann: „Die Mannschaft versucht alles, sie trifft nur die falschen Entscheidungen.“ Und: „Die Spielentwicklung führt nicht dazu, dass unser Selbstvertrauen größer wird — im Gegenteil.“ Als Dauerläufer Sven Bender aus der Kabine kam, klang schon viel Resignation durch: „Es war sehr ruhig. Es ist für alle eine total schwierige Situation.“ Der eine oder andere Mitspieler scheint damit aktuell überfordert.
In allen sechs Auswärtsspielen hat der BVB bislang je zwei Tore hingenommen — eine Bilanz des Grauens. Dieses fürchterliche Bild setzte sich dann gleich nach fünf Minuten fort, als Marco Russ nach einem Ballverlust genau in die Schnittstelle der indisponierten Innenverteidiger Neven Subotic und Matthias Ginter spielte und Meier kaltschnäuzig sein achtes Saisontor schoss, indem er Weidenfeller den Ball durch die Beine spitzelte. Ein Schock für das Vorhaben Und alles, was die bemühten Borussen bei ihrem Anrennen in der Folgezeit versuchten, prallte ab am bärenstarken Eintracht-Schlussmann Felix Wiedwald ab, der nach der Verletzung von Stammtorhüter Kevin Trapp erstmals zu Null spielte. „Ich habe Blut geleckt und will jetzt drinbleiben. Ich freue mich nun auf das nächste Spiel gegen Werder Bremen.“ Sein Trainer Thomas Schaaf konstatierte mit stoischer Gelassenheit, „dass man sieht, was Selbstbewusstsein ausmacht.“ Für Vorstandschef Heribert Bruchhagen („Wer hätte gedacht, dass wir gegen Gladbach und Dortmund sechs Punkte holen“) war der Beweis erbracht, „was man mit Kampf und Wille erreichen kann — wir sind deshalb total glücklich.“
Wie unglücklich es hingegen beim Gast zuging, verdeutlichte das 2:0 der Gastgeber, für den nach vergebenen Großchancen von Meier dessen Sturmpartner Haris Seferovic traf (78.). Dabei leistete sich der überforderte Neuzugang Ginter eine fatale Kopfballrückgabe, die Weidenfeller nicht erreichte — und der Schweizer Angreifer schob die Kugel ins leere Tor. Doch das war nicht das einzige Dortmunder Dilemma: Stellungsfehler der Außenverteidiger Lukasz Piszczek und Erik Durm, Ballverluste der Kreativkräfte Shinji Kagawa oder Henrikh Mkhitaryan standen beispielsweise auf der Mängelliste. Klopp wurde hernach gefragt, ob der Zeitpunkt kommen könne, dass er selbst persönliche Konsequenzen ziehe. „Ich sehe meine Verantwortung“, antwortete der 47-Jährige, „aber es gibt keine Tendenz in diese Richtung. Wenn es tatsächlich nur das Glück ist, dann mache ich den Weg frei. Aber hier ist keiner, der mir sagt, dass es ein anderer besser kann.“