Seeler: „Bundesliga muss gut mit ihren Fans umgehen“

Hamburg (dpa) - Uwe Seeler war der erste Torschützenkönig der Bundesliga. Nach den Abgängen aus der Meistermannschaft 1960 schnitt er mit dem Hamburger SV allerdings nie besser als Platz fünf in der neuen deutschen Eliteliga ab.

„Die Mannschaften aus dem Westen waren alle viel besser vorbereitet“, erzählt der 75-Jährige im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Entwicklung der Bundesliga sieht Seeler positiv, für ihn ist es die stärkste Liga. Er warnt aber davor, die Ticketpreise für die Anhänger anzuheben.

Herr Seeler, es heißt, der HSV war gar nicht vorbereitet auf den Start in der Bundesliga. Sie schon mit ihren 30 Toren.

Uwe Seeler: „Das war ja meine Pflicht, Tore zu schießen. Aber ich habe meinen Beruf nicht aufgegeben und bin mindestens 60 000 Kilometer im Jahr für Adidas gefahren. Das war dann etwas härter, aber von 1250 Mark brutto - das war das vorgeschriebene Gehalt vom DFB für Nationalspieler - konnte ich meine Familie nicht ernähren. Da kriegen Sie nicht mal eine Wohnung in Hamburg. Ich habe dann viel auf Reisen trainiert. Der HSV hat das akzeptiert. Der Verein wollte auch die Einführung der Bundesliga, war aber nach den Abgängen aus der Meistermannschaft nicht gut vorbereitet. Köln und die Vereine im Westen überhaupt waren professioneller.“

Heute wird mit Millionensummen jongliert. Geht das noch lange gut?

Seeler: „Die Spieler wären blöd, wenn sie nicht das nehmen würden, was sie kriegen können. Nach dem Bosman-Urteil ist die Gehaltsentwicklung verrückt geworden. Man muss aber auf allen Seiten die Grenzen kennen. Aber das Preis-Leistungsverhältnis stimmt in vielen Fällen nicht. Der Profi-Fußball ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ein Psychologe hat mal gesagt: Ab einer bestimmten Summe macht Geld den Kopf krank.“

Wie sehen Sie die Entwicklung von Deutschlands Vorzeige-Liga?

Seeler: „Wir können die Entwicklung positiv sehen, der Fußball boomt. Aber das müssen wir pflegen. Es darf keine Einbrüche wie in England und Italien geben. Es heißt ja, wenn das Geschäft gut läuft, muss man es gut pflegen. So darf man die Eintrittspreise nicht überziehen. Bislang ist alles nur nach oben explodiert, da muss man vorsichtig sein, ein Gefühl für Fan und Zuschauer haben, denn das Geld wird knapper. Die Anhänger sind sehr treu, sie stehen zu ihrem Verein. So auch bei meinem HSV, wo trotz der schlechten Saisonplatzierung der Kartenverkauf boomt. Das freut mich.“

Wie stehen Sie zu technischen Hilfsmitteln?

Seeler: „Bei so vielen Toren, die nicht gegeben werden, muss man sich die Frage stellen, ob wir nicht zumindest die Torkamera zulassen sollten. Sonst bin ich für die Tatsachenentscheidung, aber da häuft es sich. Die Kamera ist ein Mittel, das klare Verhältnisse schaffen kann. Das Schlimme ist ja, dass trotz Torrichter die Treffer angeblich nicht gesehen werden. Ich finde es gut, dass technische Hilfsmittel nun getestet werden.“

Wie stark ist die Bundesliga?

Seeler: „Oben in der Spitze gibt es zwei, drei Vereine, die weglaufen, in der Mitte bis unten, da tummelt es sich. Es kann jeder jeden schlagen, deshalb ist es doch auch ausgeglichen. Ich meine, die Bundesliga ist die stärkste Liga.“

Der HSV war von Anfang an dabei, ist nie abgestiegen und feiert im September sein 125-jähriges Bestehen. Welche Rolle werden die Hamburger in der neuen Saison spielen?

Seeler: „Ich habe den Wunsch, dass es besser wird und wir nicht im Abstieg hängen. Ich bin ganz ehrlich: Ich sehe es immer noch skeptisch, dass es eine großartige Saison wird. Aber es soll eine Mannschaft aufgebaut werden, und eigentlich bin ich immer Optimist. Das Auftaktprogramm gegen Nürnberg, in Bremen und dann in Frankfurt müsste zu schaffen sein.“

Was halten Sie von den bisherigen Einkäufen, besonders Deutschlands ehemaliger Nummer 1, René Adler?

Seeler: „Adler ist, wenn er gesund bleibt, ein sehr guter Torwächter. Ein guter Mann für den HSV. Aber er hat eineinhalb Jahre nicht gespielt. Ich wünsche ihm, dass er topfit ist.“