Trainer Veh flüchtet: Zu viel Unruhe beim HSV
Hamburg (dpa) - Armin Veh zieht entnervt einen Schlussstrich unter das Kapitel Hamburger SV und verlässt den Fußball-Bundesligisten am Saisonende. „Ich stehe dem Verein ab Sommer nicht mehr zur Verfügung“, sagte der Trainer und vergrößerte damit die HSV-Personalmisere.
Vorstandschef Bernd Hoffmann und Vize Katja Kraus auf Abruf, Noch-Sportchef Bastian Reinhardt ohne Entscheidungsgewalt, Bald-Sportdirektor Frank Arnesen erst im Juli da - und nun dreht auch noch Veh seine letzten Runden. Der HSV steht vor dem totalen Umbruch.
„Hier herrscht eine Unruhe, die ich so noch nie erlebt habe“, sagte der Coach. „So kann man teilweise nicht arbeiten. Es ist eine gefährliche Situation für den HSV.“ Zwei Tage zuvor hatte der Aufsichtsrat des Clubs die Trennung von Vorstandschef Hoffmann und dessen Vertrauten Katja Kraus zum 31. Dezember bekanntgegeben.
„Der Verein ist im Grunde nicht zu trainieren“, meinte Veh, dessen Team derzeit Rang sieben einnimmt und zum angestrebten Europa-League-Startplatz fünf Punkte Rückstand hat. Kritiker hatten ihm zuvor schon Amtsmüdigkeit vorgeworfen und mit dem Abgang am Saisonende gerechnet. Veh räumte ein, dass seine Entscheidung bereits seit längerer Zeit feststand, aber „den Ausschlag gab der Sonntag“, meinte er mit Blick auf die angekündigte Trennung von Hoffmann/Kraus.
Zwar besitzt Veh einen Vertrag bis 2012, doch Verein wie auch Trainer hatten das Recht, das Arbeitsverhältnis schon nach einem Jahr zu beenden. Ursprünglich wollte er ein Gespräch mit dem künftigen Sportchef Arnesen abwarten, der noch bis 30. Juni für den FC Chelsea arbeitet, doch „aufgrund der Ereignisse sehe ich keinen Bedarf mehr“.
Den HSV bezeichnete der gebürtige Augsburger als „geilen Club“, in dem aber keine Einigkeit herrsche. „Der Verein ist aus meiner Sicht jetzt führungslos.“ Der Aufsichtsrat geht aber fest vom Verbleib Hoffmanns bis zu dessen Vertragsende aus. Auch Veh will den HSV nicht im Regen stehen lassen: „Wenn es erwünscht wird, werde ich den neuen Kader zusammenstellen.“ Da acht Verträge mit aktuellen HSV-Profis enden, muss über deren Zukunft in nächster Zeit entschieden werden.
Vor Veh hatte sich bereits der Aufsichtsrat über die miese Stimmung in und um den Traditionsclub beklagt. „Die Grenzen des Zumutbaren sind deutlich überschritten worden. Das Ganze hat dramatische Formen angenommen“, sagte Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff verärgert über die nach dem angekündigten Aus des Führungsduos Hoffmann/Kraus aufgekommenen öffentlichen Anfeindungen. „Ich verurteile die öffentlichen Verleumdungen, Unterstellungen und Beleidigungen gegen einzelne Aufsichtsräte“, ergänzte Rieckhoff.
Hoffmann und Kraus hatten bei einer Abstimmung des zwölfköpfigen Aufsichtsrats die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit (7:5) für eine Vertragsverlängerung verpasst. Ihre Kontrakte enden am 31. Dezember, Nachfolger fehlen noch. Vor allem die fünf Kontrolleure, die gegen die Weiterbeschäftigung des Duos votierten, waren danach in die Kritik geraten. Es werde „nicht nur versucht, mit Halb- und zum Teil mit Unwahrheiten die persönliche Integrität Einzelner zu beschädigen, sondern Einzelne auch noch durch persönliche Bedrohungen unter Druck zu setzen. Das ist absolut nicht hinnehmbar. Das ist nicht Stil des HSV. Das hat in unserem Verein nichts zu suchen“, betonte Rieckhoff.
So war Schauspieler Marek Erhardt, der gegen Hoffmann stimmte, gar ein möglicher Rachefeldzug unterstellt worden. Der Enkel von Komiker Heinz Erhardt war einst Stadionsprecher beim HSV, sein Engagement war jedoch vor zwei Jahren beendet worden. Rieckhoff: „Es ist für mich absolut inakzeptabel, einzelnen Aufsichtsräten öffentlich unlautere Motive oder sogar persönliche Einzelinteressen zu unterstellen.“