Tuchel-Kritik nach Sieg: „Eher ein Angriffsmaschinchen“
Dortmund (dpa) - Das Lob vom Mainzer Kollegen Martin Schmidt wollte Thomas Tuchel nicht akzeptieren. „Heute waren wir eher ein Angriffs- und Passmaschinchen. Eine richtige Maschine war das nicht“, sagte der Trainer von Borussia Dortmund.
Und schob mit einem etwas gequälten Lächeln nach: „Das soll kein Vorwurf sein.“ Nach dem mühevollen 2:1 gegen seinen früheren Club zum Saisonauftakt konterte Tuchel die Ausführungen des Schweizers, der zuvor gesagt hatte: „Wir haben 90 Minuten gegen eine Angriffs- und Passmaschine verteidigt, aus dem Spiel heraus nichts zugelassen.“ Gleichwohl war es am Ende wie immer: Den Rheinhessen gelang auch im elften Anlauf in Dortmund kein Dreier.
Für Tuchel war es ein „mühsamer Sieg gegen aufopferungsvolle Mainzer“. Das Beste seien die drei Punkte. „Wir haben uns reingebissen und den Kopf immer oben gelassen. Das Ergebnis ist wichtig, vor allem, weil wir nicht die beste Tagesform hatten“, sagte der BVB-Coach, der eine lange Mängelliste aufzählte. Das Team habe „nervös gewirkt“, „nicht die saubere Struktur und die Räume gefunden“ und wenn, „dann haben wir uns schwer getan zu kombinieren. Es sah ein bisschen zäh aus.“
Immerhin hatte Tuchel ein Extra-Lob für Doppel-Torschütze Pierre-Emerick Aubameyang und die Neuzugänge Ousmane Dembélé und André Schürrle parat, der an beiden Treffern beteiligt war. Schon nach wenigen Wochen zeigt sich, dass der Weltmeister unter seinem Mentor aus gemeinsamen Mainzer Zeiten aufblüht. Beim Pokalsieg in Trier hatte Schürrle das 3:0 beigesteuert. Und auch bei seinem Bundesliga-Debüt im BVB-Dress gefiel der Flügelstürmer durch Fleiß, Laufbereitschaft und Torabschlüsse.
Aubameyangs Führung (17. Minute) bereitete er mit einer Maßflanke vor, in der Schlussphase wurde er im Strafraum von Karim Onisiwo durch einen Griff ans Trikot gebremst. Was Aubameyangs zweites Tor (89./Foulelfmeter) ermöglichte. So war das 1:2 von Yoshinori Muto in der Nachspielzeit zu verschmerzen.
Schürrles unglückliches Intermezzo in Wolfsburg scheint vergessen. „Es ist ein sehr gelungener Start für ihn“, lobte Tuchel. „Aber er hat noch Luft nach oben.“ Bei Schürrle ist das Lachen zurück. „Ich habe mich wohl gefühlt. Vorne haben wir große Qualität. Das kann schon richtig gut werden“, sagte der 25-Jährige, der sich nach der Hitzeschlacht am liebsten „komplett in die Eistonne“ gelegt hätte. Am Sonntag musste Schürrle für das Länderspiel der Nationalmannschaft gegen Finnland in Mönchengladbach am Mittwoch und das WM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Oslo gegen Norwegen wegen Rückenproblemen jedoch absagen.
Auch wenn noch nicht alle Mechanismen beim mit acht Neuzugängen runderneuerten BVB greifen, besitzt das Team riesiges Potenzial. Dabei fehlen derzeit noch Stars wie Marco Reus und Mario Götze, der noch nicht sein früheres Niveau erreicht hat und daher nicht im Kader stand. „Er braucht Vertrauen und absolute körperliche Fitness. Die hat er noch nicht, weil er sehr wenig gespielt hat in letzter Zeit“, sagte Tuchel bei Sky. „Aber er wird es schaffen, davon bin ich felsenfest überzeugt.“
Wenn alle Leistungsträger zurück sind, hat Tuchel die Qual der Wahl. Solange wirbeln Shinji Kagawa, der noch etwas übereifrige, aber pfeilschnelle Dribbelkünstler Ousmane Dembélé, Schürrle und Aubameyang. Das Zusammenspiel mit dem Gabuner klappe schon hervorragend, meinte Schürrle. „Wir suchen uns. Es macht einfach großen Spaß mit einem Stürmer, der immer in die Tiefe geht und so schnell ist.“
Aubameyang erneuerte verschmitzt die Kampfansage an Robert Lewandowski, der beim 6:0 des FC Bayern gegen Bremen gleich dreimal getroffen hatte. Im Vorjahr hatte sich der Pole mit 30 Treffern die Torjägerkrone vor Aubameyang (25) gesichert. Diesmal soll es möglichst andersherum ausgehen. „Das Rennen hat begonnen“, wiederholte der BVB-Stürmer schmunzelnd, was er schon direkt nach dem Bayern-Sieg via Twitter kundgetan hatte.