BVB-Coach mitgenommen Tuchel tief getroffen: „Grenzen dramatisch überschritten“
Dortmund (dpa) - Thomas Tuchel wirkte tief getroffen und mächtig erregt. Mit brüchiger Stimme und verbittertem Blick ging der Dortmunder Trainer auf Fragen nach seinem Gemütszustand ein.
Was eigentlich als Standard-Gespräch über das Duell mit dem FC Augsburg am Samstag geplant war, geriet zu einem emotionalen Auftritt des Fußball-Lehrers. „Das ist nicht spurlos an mir vorbeigegangen“, gestand er mit Bezug auf den jüngsten Medien-Tsunami zum Streit mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Verdrossen fügte Tuchel an: „Es kursieren viele Unwahrheiten und persönliche Verleumdungen. Da werden persönliche Grenzen dramatisch überschritten.“
Der seit vorigen Samstag vieldiskutierte Dissens mit Watzke über die Ansetzung der Champions-League-Partie gegen Monaco nur einen Tag nach dem Sprengstoffanschlag auf den BVB-Teambus schlägt weiter hohe Wellen. Die noch am Mittwoch von Sportdirektor Michael Zorc geäußerte Anregung, das Thema bis nach dem Pokalfinale am 27. Mai in Berlin ruhen zu lassen und sich auf das rein Sportliche zu konzentrieren, erwies sich als Wunschdenken. „In dieser Woche ist vieles auf den Kopf gestellt worden“, klagte Tuchel.
Vor allem die Berichte über namentlich nicht genannte Profis, die Kritik am Trainer geäußert haben sollen, erzürnten den BVB-Coach: „Das ist aus meiner Sicht unterste Schublade, anonym Spieler zu zitieren. Deshalb kann ich mich beim besten Willen nicht damit beschäftigen und in die Kabine gehen, um einen Maulwurf zu finden.“ Er verwies auf die jüngsten sportlichen Erfolge: „Zwischen mir und den Spielern gilt maximales Vertrauen. Die Leistungen, die wir erbracht haben, wären nicht möglich, wenn wir ein zerrüttetes Verhältnis hätten.“
Den Schlagzeilen über sein angespanntes Verhältnis zur Vereinsführung widersprach Tuchel jedoch nicht. Es habe auf dieser Ebene aber noch keine Aussprache gegeben. „Es ist nicht so leicht, denn es geht nicht um sportlichen Misserfolg“, sagte er. Der Coach ließ offen, ob er über das Saisonende hinaus beim BVB bleibt und seinen bis 2018 datierten Vertrag erfüllt: „Es wäre naiv, nach dieser Woche zu sagen, was spricht dagegen. Ich bin dafür der falsche Ansprechpartner, ich bin Arbeitnehmer.“
Gleichwohl brachte Tuchel sein Interesse zum Ausdruck: „Als vor zwei Wochen nach dem Spiel in München die Frage aufkam, was mit meiner Vertragsverlängerung ist, habe ich gesagt, wir haben Zeit. Weil ich fest davon ausgehe, dass ich hier im nächsten Jahr Trainer bin. Dann kennen sie meine Grundüberzeugung.“
Nach Einschätzung von Tuchel ist der Hype der vergangenen Tage auch an der Mannschaft nicht spurlos vorbeigegangen. „Das hat auf jeden Fall einen Einfluss. Ich habe zu Beginn der Woche der Mannschaft gesagt, dass es mir sehr leid tut, dass ihre Leistung gar nicht mehr wahrgenommen wird, dass es sich so auf mich konzentriert.“ Tuchel hofft, dass seine Profis am Samstag in Augsburg dennoch den dritten Tabellenplatz festigen: „Aber es ist doppelt und dreifach schwer, wieder in den Tunnel zu finden. Jeder Trainer und jeder Spieler wünscht sich in einem solchen Saisonfinale maximale Ruhe.“