Verfolger Wolfsburg will kein Bayern-Jäger sein
Wolfsburg (dpa) - Wer Dieter Hecking ein bisschen ärgern will, der fragt ihn am besten nach den Ambitionen des VfL Wolfsburg, Bayern-Jäger zu sein. Der Fußball-Lehrer verdreht dann meistens ein bisschen die Augen.
Oder er antwortet so wie nach dem mühelosen 2:0-Sieg gegen den harmlosen Hamburger SV: „Irgendwann nervt es.“ Der Zweite der Bundesliga ist rein rechnerisch der Bayern-Verfolger Nummer eins, aber er will partout kein Bayern-Jäger sein. „Ich habe diese Frage oft genug beantwortet“, sagte Hecking unmissverständlich: „Es gibt keinen neuen Text!“
Auch die Spieler des VfL haben das verinnerlicht. Selbst die Euphorie über die beeindruckende Serie, die mit acht Pflichtspiel-Siegen hintereinander Clubrekord ist, verleitet keinen der Profis zu Übermut. „Ich werde nicht sagen, dass wir die Bayern-Jäger sind“, erklärte Ivica Olic. Wie auswendig gelernt fügte der Stürmer an: „Wir werden immer wieder sagen, dass es dazu zu früh ist. Wir schauen nur auf uns.“
Die Wolfsburger tun gut daran, verbal weniger offensiv aufzutreten als auf dem Platz. So sehr sich die Liga und so sehr sich die meisten Fußballfans in Deutschland einen Bayern-Jäger wünschen, die Wolfsburger bleiben defensiv. „Die spielen in einer anderen Liga“, sagte Abwehrchef Naldo über den Branchenführer, der in der Tabelle vier Punkte vor dem VfL liegt. Und Aaron Hunt betonte: „Mit Bayern München brauchen wir uns gar nicht zu vergleichen. Zu ihnen fehlt uns noch eine Menge.“
Die Wolfsburger haben andere Prioritäten. „Wir gucken nach hinten“, sagte Naldo: „Wir müsse auf Mannschaften wie Schalke und Hoffenheim schauen. Dass wir da jetzt einen Vorsprung haben, ist wichtig.“ Die Wolfsburger wollen am Ende der Saison auf einem Champions-League-Platz stehen - allein das zählt.
Wenn sie weiter in der zuletzt gezeigten Form spielen, werden die Niedersachsen in der kommenden Saison ganz sicher in der Königsklasse kicken. Nach den Startschwierigkeiten zu Beginn der Saison sah es nicht unbedingt danach aus: Am fünften Spieltag verlor der VfL in Berlin und schien als Zwölfter in eine frühe Krise zu rutschen.
Stattdessen legte der Club eine Serie hin und kassierte bei sechs Siegen in der Liga nur zwei Gegentreffer. „Sie haben begriffen, dass sie füreinander arbeiten müssen, dass individuelle Klasse alleine nicht reicht“, kommentierte Sport-Geschäftsführer Klaus Allofs.
Derzeit scheint dem VfL alles zu gelingen. Auch personelle Probleme steckt er locker weg. Nach Ricardo Rodriguez fällt in Marcel Schäfer derzeit auch der zweite Linksverteidiger aus, doch Heckings Notlösung entpuppte sich gegen den HSV als Volltreffer. Der vom Trainer von rechts vorne nach hinten links beorderte Vieirinha war - nach dem erneut überragenden Kevin De Bruyne - zweitbester Spieler auf dem Platz.
„Das hat er richtig gut gemacht und sich ein Sonderlob verdient“, sagte der Trainer über den vielseitigen Portugiesen. Und Olic sieht in Vieirinha sogar ein Symbol für die ganze Mannschaft: „Unser System funktioniert, egal wer wo spielt.“