VfB taumelt am Abgrund: „Situation einmalig“
Stuttgart (dpa) - Beim VfB Stuttgart droht die Situation weiter zu eskalieren, der Klassenverbleib ist in Gefahr. Durch haarsträubende Fehler erleichterte der Tabellenvorletzte der Fußball-Bundesliga Bayern München den Sieg.
Erboste Fans gingen danach auf die Barrikaden.
Der VfB Stuttgart taumelt am Abgrund: Sportlich stecken die abstiegsgefährdeten Schwaben nach der 3:5-Schlappe im Süd-Schlager gegen den FC Bayern München weiter tief im Schlamassel. Zusätzlich drohen angesichts der kritischen Situation des Tabellenvorletzten die Proteste frustrierter und völlig aufgebrachter Hardcore-Fans weiter zu eskalieren.
„Das wird eine Prüfung für uns werden, wie wir das auffangen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir Ruhe bewahren“, wies Bruno Labbadia nach seiner verpatzten Liga-Premiere als neuer VfB-Trainer auf die prekäre Lage hin. „Die Situation ist einmalig, die gilt es zu meistern.“ Er wisse um die Schwere der Aufgabe und sei „auf alles“ eingestellt, glaube aber „fest daran, dass wir es schaffen“, versicherte Labbadia. „Wir werden bis zum letzten Tag um den Klassenerhalt kämpfen.“ Der VfB habe aber einen Nachteil gegenüber Vereinen, die es gewohnt seien, gegen den Abstieg zu spielen.
Zu Ruhe und Geduld sind indes immer weniger Anhänger bereit. Als sich gegen die verhassten „Bayern-Bazis“ die besonders schmerzende Pleite abzeichnete, ließen sich die Ultras in der Untertürkheimer Kurve auch durch die tapfere Aufholjagd mit großem Einsatz und Kampfeswillen nicht besänftigen. Demonstrativ drehten sie den VfB- Spielern den Rücken zu und brüllten sie nach dem Abpfiff nieder: “Wir haben die Schnauze voll.“
Präsident Erwin Staudt und seine Vorstandskollegen bekamen später Wut und Hass eines harten Kerns zu spüren. „Vorstand raus, Vorstand raus“, brüllten etwa 300 Protestierer vor dem von einer Polizei-Hundertschaft geschützten Business Center. Staudts Besänftigungsversuche per Megafon vom Balkon herunter stießen auf Hohn. „Wir kommen nur gemeinsam da raus. Wir müssen zusammenstehen, um den Abstieg zu vermeiden“, appellierte er vergeblich. Erst nach gut einer Stunde zogen die Fans ab.
Sportdirektor Fredi Bobic zeigte „Verständnis für Enttäuschung und Frust. Aber irgendwo geht es dann auch zu weit und man muss aufpassen. Man beschädigt das Image des Vereins bundesweit und das ist gefährlich“, sagte er beim TV-Sender Sport1.
Doch der nächste Krach scheint vorprogrammiert zu sein. Sollte der VfB gegen die Bayern im Pokal-Achtelfinale am Mittwoch ausscheiden - wofür vieles spricht - droht im schlimmsten Fall eine ähnliche Hetzjagd wie im Dezember 2009 kurz vor der Entlassung des damaligen Teamchefs Markus Babbel. Damals schreckten „Ultras“ sogar nicht einmal vor Morddrohungen zurück.
„Insgesamt merkt man einfach, dass Mannschaft, Fans und der gesamte Verein mit der Situation Abstiegskampf aus meiner Sicht falsch umgehen. Da müssen wir wirklich zusammenstehen“, betonte Bobic. Der Sportdirektor kündigte baldige Neuverpflichtungen an: „Der Wintermarkt wird beobachtet und wir werden im Winter nachlegen, das ist klar.“
Gegen die Münchner begann der Außenseiter ansprechend und dominierte die Partie eine halbe Stunde lang. Erst durch eine Kette unerklärlicher, fataler individueller Fehler schenkten die Stuttgarter dem Rekordmeister ohne Not den erst zweiten Auswärtssieg in dieser Saison.
Dementsprechend drastisch drückten die deprimierten Profis ihren Frust aus. „Es ist eine beschissene Situation für den ganzen Verein“, betonte Doppel-Torschütze Martin Harnik (49./64. Minute). „Es ist brutal, wie unsere Fehler bestraft wurden und was für Fehler wir gemacht haben.“ Christian Gentner, der auf 3:5 verkürzte (70.), sagte: „Wir wissen, in was für einer Scheißsituation wir stecken.“
Mario Gomez, der mit seiner Drei-Tore-Gala (31./52./54.) seinem alten Club beinahe im Alleingang den Garaus machte, bedauerte die Ex- Kollegen: „Sie zeigen, dass sie im Abstiegskampf voll da sind. Der VfB war gefühlt ebenbürtig, aggressiv und bissig, was sicher mit dem neuen Trainer zusammenhängt.“ Thomas Müller (36.) und Franck Ribéry (43.) besorgten den Rest.
Labbadia und seine Schützlinge setzen nun ihre ganze Hoffnung auf die positiven Aspekte. „Die Mannschaft hat keine Sekunde aufgegeben und hätte auch fünf Tore erzielen können“, sagte der Coach.