Viel Lob für Hoffenheims Jungtrainer Nagelsmann
Zuzenhausen (dpa) - Julian Nagelsmann trägt rote Sneakers, wie sie gerade bei jungen Männern angesagt sind. Der mit 28 Jahren jüngste Bundesliga-Trainer stellt sich erstmals außerhalb des Spielbetriebs einer großen Medienrunde - selbstbewusst, locker und schlagfertig.
1899 Hoffenheim hat in den letzten Wochen nach eigenen Angaben mehr als 100 Interview-Anfragen bekommen. „Dass das ein paar Wellen schlägt, war mir bewusst. Der Rummel ist mir relativ egal“, sagt Nagelsmann zu seinem Aufstieg und meint grinsend: „Ich kauf jetzt nur noch gesunde Sachen beim Bäcker, damit mir keiner was anheften kann.“
Richtig vorbereiten auf einen Medienansturm, wie ihn Nagelsmann bei seinem erfolgreichen Start als Chefcoach im Profifußball erlebt hat, könne man sich nicht. „Man holt sich natürlich Rat innerhalb des Vereins, und man liest auch mal Interviews von anderen Trainern.“
Gefreut haben ihn übrigens die Aussagen von Trainer-Urgestein Friedhelm Funkel (Fortuna Düsseldorf), der fast sein Opa sein könnte. Der 62-Jährige sagte in der „Bild“: „Ich war skeptisch. 28 und dann abgewichste Profis - wie setzt der sich da durch? Doch nach seinem ersten Interview habe ich gedacht: Respekt, sich so zu präsentieren. Hochachtung!“
Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen ist mehr als zufrieden mit seinem jungen Trainer: „Seine Arbeit spricht für sich.“ Er verweist gerne darauf, dass schon bei der Verpflichtung von „Feuerwehrmann“ Huub Stevens Ende Oktober klar war, dass Nagelsmann (Vertrag bis 2019) zur neuen Saison die Mannschaft übernehmen werde. Als Stevens am 10. Februar wegen Herzproblemen zurücktrat, sprang der Jungspund früher als erwartet ins Rampenlicht.
Für Hoffenheim könnte dies die Rettung sein: Die Mannschaft wirkt wie verwandelt und kann mit einem Sieg am Sonntag (17.30 Uhr) gegen den 1. FC Köln möglicherweise den Relegationsplatz verlassen. In bisher sieben Spielen hat Nagelsmann 13 Punkte geholt.
„Er hat in der Situation genau das Richtige gemacht und genau wie ich vor ihm daran gearbeitet, dem Team Stabilität zu geben“, sagt Stevens in der „Sport Bild“ über seinen Nachfolger - nicht, ohne sich das selbst an die Fahne zu heften: „Wir waren schon auf einem guten Weg - noch nicht von den Ergebnissen, aber von der Entwicklung her. Und Julian geht diesen Weg weiter.“
Ob es eine Schlüsselszene gab, bei der Nagelsmann die Mannschaft überzeugte? Der gebürtige Landsberger zuckt die Schultern. „Erfolgserlebnisse gehören natürlich dazu. Ich habe versucht Inhalte rüberzubringen und gehofft, dass es klappt auf dem Spielfeld.“ Grundsätzlich sei er zufrieden, was die Spieler in den letzten Wochen umgesetzt hätten. Wie weit das seiner Vorstellung vom idealen Fußball nahe käme? „Ich habe mich verabschiedet, von Perfektion zu träumen. Fußball ist ein Fehlerspiel.“
Die Fußball-Lizenz hat Nagelsmann erst seit drei Wochen in der Tasche. Für ihn ist es schon fast Erholung, dass er jetzt nicht mehr zu Lehrgängen fahren muss und sich auf seine Aufgabe in Hoffenheim konzentrieren kann. Zumal er noch einen einjährigen Sohn hat - und schon immer die „große Zielsetzung“, auch vom Fußball abschalten zu können: „Die Familie steht da ganz weit oben.“
Spaß am Fußball will er trotz des Abstiegskampfs seinen Profis vermitteln, gegen die Kumpel-Rolle wehrt er sich jedoch. Und wenn ihn seine Spieler nach dem 34. Spieltag, falls der Klassenverbleib geschafft ist, fragen würden, ob er mit ihnen einen trinken gehen würde? Nagelsmann lacht: „Dann sage ich auf jeden Fall nicht nein.“