Vorstoß in Kreis der Arrivierten: Klopps 2. Streich
Dortmund (dpa) - Mit Rampenlicht hat Jürgen Klopp wenig Probleme. Kaum einer seiner Kollegen meistert TV-Auftritte ähnlich souverän wie der Dortmunder Fußball-Lehrer. Doch der Hype um seine Person nach dem überraschenden Titelgewinn 2011 war selbst dem Medienliebling zwischendurch zu viel.
Selbst Monate später, im Wintertrainingslager an der spanischen Mittelmeerküste, tat er sich mit Fragen nach seinem gewachsenen Stellenwert schwer: „Für mich persönlich ist es immer noch unangenehm, wenn gesagt wird 'He, da kommt der Meistertrainer'. Dann gucke ich immer und denke, wo isser denn?“
An den „Adelstitel“ Meistercoach wird sich Klopp gewöhnen müssen. Anders als von vielen Fachleuten prognostiziert, blieb der Dortmunder Titel kein „One-Hit-Wonder“. Wie schon ein Jahr zuvor übertrug der selbst ernannte Fußball-Verrückte seinen Enthusiasmus auf die Profis. „Die Gier, mit der die Mannschaft nach drei Punkten lechzt, ist schon cool. Ich kann mein Glück kaum fassen, dass ich als Trainer mit solch einer Mannschaft arbeiten darf,“, kommentierte Klopp in der für ihn typischen Diktion.
Zum zweiten Mal in Serie hält der erst 44-Jährige die Meisterschale in Händen. Dieses Kunststück ist bisher nur acht Bundesliga-Trainern gelungen. Damit reiht sich Klopp in die Galerie solch Prominenter wie Hennes Weisweiler, Udo Lattek, Ernst Happel, Ottmar Hitzfeld und Felix Magath ein. Im Wissen um seinen Kultstatus bei den Fans verlängerte die BVB-Führung den Vertrag mit Klopp zu Beginn des Jahres bis 2016. Bleibt er so lange im Amt, wäre er neuer Dortmunder Rekordhalter: Hitzfeld hatte die Borussia sechs Jahre lang (1991 bis 1997) trainiert.
Klopp überzeugt nicht nur als medienkompatibler Entertainer, sondern auch als geschätzter Fachmann. Vor allem sein Umgang mit Talenten sucht seinesgleichen. Unter der Regie des Diplom-Sportlehrers schafften Mats Hummels, Kevin Großkreutz, Marcel Schmelzer, Mario Götze und Sven Bender den Sprung in die Nationalmannschaft. Mit Geduld und Geschick gelang es ihm in dieser Saison, Neuzugänge wie Ilkay Gündogan und Moritz Leitner in den Kader zu integrieren. Kein Wunder, dass sich der von anderen Bundesligisten umworbene Jungprofi Leonardo Bittencourt (Cottbus) entschied, in der kommenden Saison für den BVB zu spielen.
Unter schwierigen finanziellen Bedingungen beim Amtsantritt 2008 leitete Klopp in Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Manager Michael Zorc einen beispiellosen Umbruch ein. Die kollegiale und autoritäre Arbeit des Trainers kommt an: Kein Profi stellt seine auf große Opferbereitschaft und Gemeinsinn basierende Fußballphilosophie infrage.
Nach Achtungserfolgen beim vergleichsweise „kleinen“ FSV Mainz 05 trat der von BVB-Sportdirektor Zorc im freundlichen Sinne als „Menschenfänger“ charakterisierte Klopp beim BVB den Nachweis an, auch bei größeren Clubs Großes leisten zu können. Spätestens mit der zweiten Meisterschaft avancierte er zum wohl gefragtesten deutschen Fußball-Lehrer.