Hamburger SV Warum Dietmar Beiersdorfer gehen muss
Hamburg. Auch Dietmar Beiersdorfer ist jetzt Geschichte beim HSV. Der als Heilsbringer vor zweieinhalb Jahren verpflichtete Vorstandschef muss gehen, sein Nachfolger Heribert Bruchhagen wird bereits Mittwoch seinen Job übernehmen.
Weil beim HSV nicht einmal Entlassungen funktionieren, ist das Theater um den Wechsel auf dem Vorstandsvorsitz groß, denn es wurde nicht vom HSV oder dem zuständigen Aufsichtsrat verkündet — sondern von Rainer Calmund im Fernsehen.
Bereits am morgigen Mittwoch wird der neue Mann auf der Kommandobrücke des HSV stehen: Heribert Bruchhagen, der im Sommer freiwillig als Chef bei der Frankfurter Eintracht aufgehört hatte, um künftig weniger Stress zu haben. Der 68-Jährige wurde seit Tagen als potentieller Beiersdorfer-Nachfolger handelt.
Allerdings rechnete in Hamburg niemand mit einer Entlassung Beiersdorfers vor der Winterpause. Aber selbst acht Punkte aus den vergangenen vier Bundesliga-Spielen konnten das Aus von Beiersdorfer nicht mehr verhindern. Offenbar trauten ihm die Aufsichtsräte nicht mehr zu, die notwendigen Transfers zur Stabilisierung des Kaders zu managen. Die Bilanz des Vorstandschefs ist ohnehin nicht gut, dass es ihm nicht gelang, einen neuen Sportchef zu verpflichten, dürfte ihm jetzt den Job gekostet haben.
Beiersdorfer versäumte es schon vor der Saison einen Nachfolger für den von ihm entlassenen Peter Knäbel zu installieren und widersetzte sich damit auch dem offen vorgetragenen Auftrag von Aufsichtsratschef Karl Gernandt, der selbst heftig umstritten ist. Dass nahezu alle Details von Beiersdorfers Verhandlungen mit den potentiellen Kandidaten Nico Hoogman, Christian Hochstätter und Jens Todt an die Öffentlichkeit gelangten, war am Ende nur noch peinlich.
Möglicherweise bringt Heribert Bruchhagen jetzt den Sportchef mit, den Beiersdorfer bekommen hätte, wen er ihn gewollt hätte: Horst Heldt, zuletzt in Schalke an Bord. Freilich: Wer die Bilanz von Dietmar Beiersdorfers zweieinhalbjährigem Engagement als Vorstandschef analysiert, muss sich über die Entlassung (mit einer hohen Abfindung) nicht wundern. Seit 2014 arbeitete Beiersdorfer mit vier Trainern zusammen, Mirko Slomka, Joe Zinnbauer und Bruno Labbadia wurden jeweils von ihm gefeuert.
Der Vorstandschef entließ auch Sportchef Oliver Kreuzer und ersetzte ihn durch den mitunter sehr unglücklich agierenden Peter Knäbel, dem er aber auch den Laufpass gab, ohne einen Nachfolger bis jetzt zu finden. Geschätzt hat Beiersdorfer 90 Millionen Euro für 30 neue Spieler ausgegeben, ohne aber die Mannschaft entscheidend zu verbessern.
Der Tabellenplatz zehn am Ende der vergangenen Saison täuschte darüber hinweg, dass der HSV bis drei Spieltage vor Schluss Abstiegssorgen hatte, davor rettete sich die Mannschaft erst in der Relegation gegen den KSC und auch die neue Saison läuft alles andere als gut, auch weil dem Team die Spieler in der Abwehr fehlen, die von Bruno Labbadia vor der Saison gefordert wurden — mindestens ein Innenverteidiger und ein Sechser. Die versprochene wirtschaftliche Konsolidierung endete in einer immer größer werdenden Anhängigkeit vom Sponsor Klaus-Michael Kühne.
Ganz im Sinne des unglücklichen Agierens der HSV-Verantwortlichen, verlief am Sonntag der so nicht geplante Wechsel an der Spitze: Ursprünglich sollte die Entlassung des Chefs erst in der nächsten Woche nach dem letzten Spiel vor der Winterpause verkündet werden, um den zarten sportlichen Aufwärtstrend nicht zu gefährden. Doch Reiner Calmund plauderte am Sonntagabend im TV-Sender Sky munter über seine Telefongespräche mit Beiersdorfer und Bruchhagen.
Am Ende des Tages blieb dem HSV nichts anderes übrig, als diese Indiskretionen zu bestätigen. So beerbt Bruchhagen, der von 1992 bis 1995 schon einmal HSV-Manager war, seinen Vorgänger schon am Mittwoch und nicht erst zu Beginn des neuen Jahres. Bruchhagen gab sich Montag diplomatisch, über die Vergangenheit beim HSV will er nicht reden — auch aus Respekt zu seinem Vorgänger.
Das Ziel sieht der neue Chef so: „Ich weiß um die sportliche Situation des HSV und kann diese einschätzen. Wir werden alles dafür tun, um gemeinsam das Ziel des Klassenerhalts zu erreichen. Seine erste Aufgabe soll die Einstellung eines neuen Sportchefs werden. Der Ex-Schalker Horst Heldt wird am Volkspark als heißer Kandidat gehandelt.