Bundesliga Werder-Sportchef: Gnabry-Abgang war nicht aufzuhalten
Zell am Ziller (dpa) - Werder Bremens Sportchef Frank Baumann spricht im dpa-Interview über den Verlust von Serge Gnabry, die Kaderplanung und Trainer Nouri.
In der letzten Saison musste Werder Bremen zunächst lange um den Klassenverbleib bangen. Am Ende träumten die Fans dann sogar von Europa. Was ist denn in der kommenden Spielzeit zu erwarten?
Frank Baumann:Hoffentlich mehr gute als schlechte Phasen. Vor allem wäre es schön, wenn wir mal richtig gut in die Saison starten. Das war ja die letzten Jahre nicht so der Fall, so dass man eigentlich immer im Winter mehr oder weniger in Abstiegsgefahr war.
Mittelfristig soll für Werder wieder konstant ein einstelliger Tabellenplatz herausspringen. Schon nächste Saison?
Baumann:Wir wollen weniger über Tabellenplätze reden, sondern grundsätzlich unseren Weg fortführen. Wir wissen, dass die Bundesliga ein sehr, sehr harter Wettbewerb war die letzten Jahre. Es wird auch nicht leichter. Die Aufsteiger Hannover 96 und der VfB Stuttgart haben jetzt schon einiges investiert. Außerdem werden Mannschaften wie Wolfsburg, Schalke oder Gladbach wieder Ambitionen haben, oben reinzurutschen.
Sie haben im November auf der Jahreshauptversammlung offen eigene Fehler eingestanden. Dazu zählte auch, dass Sie damals zu lange an Trainer Viktor Skripnik festgehalten haben. Was gibt Ihnen das Gefühl, dass Alexander Nouri jetzt der Richtige ist?
Baumann:Grundsätzlich hatte ich auch bei Viktor ein gutes Gefühl, er hat davor gut gearbeitet. Wir haben trotzdem die Entscheidung getroffen und uns für Alex entschieden. Er hat in der Bundesliga unter Beweis gestellt, dass er einer Mannschaft eine Handschrift geben kann, dass er mit seiner Art auch eine Mannschaft begeistern kann.
Mittelfristig soll Werder wieder regelmäßig im Europapokal spielen. Wie schnell kann das gehen?
Baumann:Wenn man die letzte Saison sieht, kann das schnell gehen. Auch bei anderen Mannschaften wie Hertha, Hoffenheim oder Freiburg. Davor war es vielleicht mal Mainz. Es ist also schon immer möglich. Aber es ist auch sehr hart. Wir müssen natürlich ambitioniert sein, wollen aber auch demütig bleiben. Denn wir wissen, dass wir nicht die finanziellen Möglichkeiten anderer Clubs haben.
Abwehrspieler Niklas Moisander hatte zuletzt klar gefordert, dass noch gute neue Spieler kommen. Was ist da noch zu erwarten?
Baumann:Ich habe den gleichen Wunsch (lacht). Man muss immer schauen, was sich realisieren lässt. Wir sind jetzt schon sehr zufrieden mit unserem Kader und sind deutlich weiter als in der letzten Saison. Wir müssen nur noch gezielt unseren Kader verbessern.
Sie suchen ja noch einen Innenverteidiger und einen Stürmer. Zuletzt kamen in Sachen Abwehrspieler auch Gerüchte um Neven Subotic von Borussia Dortmund auf. Wäre das ein Spieler für Werder?
Baumann:Nein. Das hat aber nichts mit der Qualität von Neven Subotic zu tun, sondern wir suchen dort einen jungen Spieler mit Potenzial. Deswegen passt das vom Profil her nicht.
Moisander hatte auch gesagt, dass ihr Kapitän Zlatko Junuzovic, der zuletzt ein klares Bekenntnis zu Werder vermieden hatte, nicht gehen darf. Können Sie ihm das versprechen?
Baumann:Wir haben immer betont, dass Zlatko für uns ein ganz wichtiger Spieler ist und wir überhaupt keine Bestrebungen haben, ihn abzugeben. Deswegen wird das auch so sein, dass Zladdi in der kommenden Saison bei uns spielen wird.
Claudio Pizarro dagegen wollten Sie nicht halten. War er darüber eigentlich enttäuscht?
Baumann:Ja. Was ja auch ein wichtiges Zeichen ist, dass Claudio noch gerne weiter gespielt hätte. Aber mit Blick auf die Vorstellung von unserem Kader und dass auch junge Spieler perspektivisch mehr Einsatzzeiten bekommen sollen, haben wir entschieden, dass wir den Vertrag von Claudio nicht verlängern wollen.
Pizarro möchte ja jetzt noch wenigstens ein weiteres Jahr Fußball spielen. Gibt es darüber hinaus schon Ideen, ihn im Anschluss an Werder zu binden?
Baumann:Es gab bereits lose Gespräche. Auch Claudio weiß, dass wir immer für Gespräche bereit stehen. Aber wichtig ist auch, dass Claudio erst mal noch weiter spielen möchte. Er weiß, dass die Türen bei Werder für ihn immer offen stehen.
Auch Serge Gnabry ist weg. Anfang des Jahres waren Sie noch relativ optimistisch gewesen, dass er bleibt. Waren Sie letztlich überrascht, dass er Werder so schnell wieder verlässt?
Baumann:Wenn ein Spieler wie Serge bei einem Club wie Werder so auf sich aufmerksam macht, ist es klar, dass andere Clubs Interesse bekommen. Dass es für uns dann nicht ganz so leicht ist, solche Spieler zu halten, gehört dann auch zum Geschäft dazu. Bei Serge war aber auch ein wichtiger Punkt, dass er international spielen möchte. Damit konnten wir nicht dienen. Das müssen wir akzeptieren.
Ein anderer wichtiger Spieler bei Werder ist Max Kruse, um den es auch immer mal wieder Wechselgerüchte gibt. Wird er nächste Saison definitiv bei Werder spielen?
Baumann:Davon können Sie ausgehen, ja.
Aber eine Garantie ist da wahrscheinlich auch schwer abzugeben?
Baumann:Eine Garantie gibt es vielleicht bei Tupperware, oder? (lacht). Nein, ernsthaft, im Fußball kann man natürlich nie alles ausschließen. Aber wir gehen sehr stark davon aus, dass er bleibt.
Sie haben zuletzt einen Sponsoringvertrag mit einem chinesischen Unternehmen abgeschlossen. Viele Fans kritisieren ihre Vereine wegen der zunehmenden Kommerzialisierung. Wie wollen Sie den Spagat hinkriegen, zukunftsfähig zu bleiben aber auch die Fans bei der Stange zu halten?
Baumann:Man muss schon grundsätzlich darauf achten, dass der Fußball das Rad nicht überdreht. Aber ich glaube trotzdem, dass jeder Verein für sich eine Strategie entwickeln muss. Für uns ist es auch wichtig, dass wir uns in der Region aufhalten und familiär und anfassbar bleiben. Selbst hier im Trainingslager im Zillertal haben wir rund 700 Fans dabei. Diese Nähe werden wir beibehalten. Eine gewisse Kommerzialisierung gehört zwar auch dazu. Aber bei Werder werden wir einen guten Mittelweg finden.
Sie haben mit Yuning Zhang auch einen chinesischen Spieler verpflichtet. Einige hielten das schon für einen Marketing-Gag. Was erhoffen Sie sich von ihm?
Baumann:Er ist ein sehr junger Spieler. Wir wollen ihn Stück für Stück weiterentwickeln, damit er vielleicht demnächst auch in der Bundesliga für uns aufläuft.
Vom Adidas-Chef wurde zuletzt sogar mal vorgeschlagen, dass Pokalfinale künftig in China auszurichten. Was halten Sie davon?
Baumann:Ich halte davon nichts und kann mir auch nicht vorstellen, dass das in die Tat umgesetzt wird.
ZUR PERSON: Frank Baumann ist bereits seit 1999 bei Werder Bremen. Zunächst lange Jahre als Kapitän, seit Mai 2016 arbeitet der Ex-Nationalspieler als Geschäftsführer Sport. Der größte Erfolg seiner Karriere war der Gewinn des Doubles aus Meisterschaft und DFB-Pokal mit Werder im Jahr 2004.