Werder wieder die Schießbude der Liga
Wolfsburg (dpa) - Vor lauter Wut drosch Raphael Wolf den Ball nach dem Schlusspfiff mit Wumms auf die Tribüne. Anschließend stritt sich der verärgerte Werder-Keeper noch mit einigen Kollegen, ehe er zum Trainer lief und auch auf Robin Dutt erbost einredete.
„Da ist man angefressen, das ist doch normal“, beschwichtigte der Bremer Coach später. Dutt musste den schimpfenden Keeper beruhigen, der es offensichtlich satt hat, schon wieder in der Schießbude der Liga zwischen den Pfosten zu stehen.
Die Gegentore 14 und 15 kassierte Werder beim 1:2 (1:1) in Wolfsburg. Das sind die mit Abstand meisten in der Fußball-Bundesliga. Und es war beim VfL nicht Wolfs Schuld. „Wir sind erneut an unserem schlechten Abwehrverhalten gescheitert“, sagte Dutt. Sein Team blieb auch im sechsten Spiel ohne Sieg und ist inzwischen auf einen Abstiegsplatz gerutscht. Nach drei Unentschieden und der nunmehr dritten Niederlage nacheinander errechneten Statistiker den schlechtesten Saisonstart seit 44 Jahren.
„Wir zahlen unglaublich viel Lehrgeld“, sagte der niedergeschlagene Werder-Trainer. Er nahm aber den jungen Marnon Busch ausdrücklich in Schutz. Der 19-Jährige, der kurioserweise auch den zwischenzeitlichen Ausgleich (37.) schoss, leitete durch einen Fehler das Tor von Ricardo Rodriguez (15.) ein und ließ beim zweiten VfL-Treffer Ivica Olic (56.) entwischen.
Es war nicht allein der Rechtsverteidiger in seinem erst fünften Ligaspiel, auch andere Werder-Spieler sahen bei den beiden Gegentreffern schlecht aus. Torwart Wolf war hernach nicht der einzige, der wegen dieser kollektiven Abwehrschwäche stinksauer war. Manager Thomas Eichin ließ seinen Ärger in deutlichen Worten heraus. „Es war einfach ein Scheiß-Spiel“, schimpfte der Werder-Geschäftsführer. Seine bittere Erkenntnis: „Sie haben uns heute ja nicht an die Wand gespielt.“
Die bisher auch noch nicht überzeugenden Wolfsburger benötigten in der Tat keine besonders starke Leistung, um ihren zweiten Saisonsieg zu feiern. Gerade nach dem Bremer Ausgleich wirkte der VfL verunsichert, doch Werder konnte das nicht nutzen und nicht nachsetzen.
In der Defensive wackelig, dazu in der Offensive zu harmlos - Werder spielt genauso schwach wie in den zurückliegenden Spielzeiten. Außer dem Zufallstreffer von Busch gab es keine wirklich gefährliche Szene im Wolfsburger Strafraum, für die Werder selber verantwortlich war. Bezeichnend: Die einzige Chance ergab sich durch einen missglückten Befreiungsschlag von VfL-Keeper Diego Benaglio, der an den Kopf von Nils Petersen schoss, der nicht schnell genug reagierte.
Eichin mahnte angesichts der wieder einmal prekären Situation: „Wir müssen uns jetzt abschotten, Rollläden runtermachen und dürfen uns von der Stimmung in den Medien nicht anstecken lassen. Wir brauchen eine kleine Wagenburg-Mentalität.“ Zugleich forderte der Manager, was ihm unmittelbar nach der Partie in Wolfsburg genauso schwer fiel wie Torwart Wolf: „Wir müssen jetzt ruhig bleiben.“