Wiese ante portas: Starke zeigt Schwächen
Sinsheim (dpa) - Tom Starke zog sein lachendes Töchterchen auf dem Trolley aus dem Stadion, dem Torhüter von 1899 Hoffenheim war allerdings eher zum Heulen zumute. Der 31-Jährige stand vielleicht zum letzten Mal in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena zwischen den Pfosten.
Tim Wiese ante portas heißt es beim Fußball-Bundesligisten aus dem Kraichgau. Die Verhandlungen mit dem Nationalkeeper aus Bremen brachten die Fans gegen den Club auf, und Starke stand nach der 2:3 (1:2)-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg mit feuchten Augen vor einer Reporterschar. „Ich hatte gedacht, ich könnte das leichter wegstecken“, sagte der Schlussmann nach mindestens einem verschuldeten Gegentor.
„Ich bin auch nur ein Mensch, und es ist nicht einfach. Aber es nutzt nichts, zu jammern und zu heulen. Ich werde die Situation annehmen und kämpfen“, ergänzte Starke. Wenn Wiese wirklich kommt, ist Starke (Vertrag bis 2013) vielleicht weg: „Ob ich dann auf der Bank sitze oder gehen werde oder gehen muss, das werden wir sehen.“ Markus Babbel ließ keinen Zweifel daran, dass Hoffenheim - das heißt vor allem Mäzen Dietmar Hopp - unbedingt den ablösefreien Wiese holen will. „Ich habe ein gutes Gefühl, es gibt Signale“, sagte der 1899-Trainer und betonte: „Ich bin selbst ein Fan von ihm.“
Starke wurde jedenfalls mitgeteilt, „dass alles in den Weg geleitet wird, dass dieser Transfer zustande kommt“, wie der bisherige Stammkeeper erklärte. „Das war sehr überraschend.“ Die Gründe wisse er nicht: „Ich kann ruhigen Gewissens sagen: Warum?“ Als Vizekapitän hat Starke klare Worte nie gescheut, jetzt biss er sich auf die Zunge und sagte: „Ich bin Angestellter hier im Verein. Dazu gehört, Dinge zu akzeptieren und respektieren.“ Er sagte aber auch: „Ich war zwei Jahre lang so wie ich bin und ich habe Vollgas gegeben.“
Die Fans jedenfalls reagierten mit absolutem Unverständnis. Immer wieder feierten sie am Samstag ihren Publikumsliebling mit Sprechchören und hielten Plakate hoch: „Tom: Unsere Nummer 1“ - „Scheiß auf Wiese“ - „Wiese - Betreten verboten“
Starke ging das alles „ein bisschen ans Herz“. Ein bisschen zu viel, um seine Vorgesetzten schnell davon zu überzeugen, dass er der bessere Torhüter ist. Nach nur neun Minuten faustete er den Ball nach einem Schuss von Daniel Didavi derart unbeholfen Tomas Pekhart vor die Füße, dass der dankbar zum 1:0 einschoss. Kapitän Andreas Beck (22.) glich aus. Didavi (45.) und erneut Pekhart (71.) - beide mit ihrem jeweils neunten Saisontreffer - trafen dann für die Gäste, ehe Edson Braafheid (88.) verkürzte.
Nach nur vier Siegen in 17 Heimspielen verabschiedeten sich die Hoffenheimer Profis von ihrem Publikum, pflichtgemäß und wenig begeistert. Nur einer ging noch zum Zaun und klatschte mit den Fans ab: Tom Starke. „Das war ein Dankeschön und keine Abschiedsrunde“, meinte der Torwart.
Sejad Salihovic war das wohl irgendwann zu viel Gedöns um den Keeper. Warum nicht die anderen Spieler auch zu den Zuschauern gegangen sind? „Es wäre wichtig gewesen, wenn die Fans die ganze Mannschaft angefeuert hätten.“ Mitleid mit Starke? „Was soll ich da mitfühlen?“, sagte der bosnische Mittelfeldspieler, dessen Vertrag kürzlich bis 2016 verlängert worden war. „Der Verein hat eine klare Linie, die werden wissen, wo es hingeht.“ Wenn es nach Babbel geht, mittelfristig Richtung Champions League - doch dafür ist die Wiese noch nicht gemäht nach einer unruhigen Saison beim Emporkömmling.