Zehn Jahre Eintracht-Boss: Bruchhagen zieht Bilanz

Frankfurt/Main (dpa) - Seine Liebe zu Frankfurt und der Eintracht hat Heribert Bruchhagen spät entdeckt.

Wann immer er früher über die Autobahn A5 fuhr und die Bankentürme sah, habe er zu sich gesagt: „Da möchte ich nicht leben.“ Diese Meinung hat sich radikal geändert. „Frankfurt gefällt mir ausgesprochen gut“, gestand der Vorstandsvorsitzende des hessischen Fußball-Bundesligisten jüngst in einem Interview des Fachmagazins „kicker“.

Am Sonntag ist Bruchhagen zehn Jahre im Amt. Diese Verweildauer hatte ihm wohl niemand zugetraut, als er am 1. Dezember 2003 seinen Arbeitsplatz von der Deutschen Fußball Liga (DFL) zur Eintracht verlegte. „Für viele ist das sicher eine Überraschung, dass ich immer noch da bin. Es ist sowohl für mich als auch den Verein eine Win-Win-Situation“, sagte der 65-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. Fußball sei sein Elixier, deshalb sei er „froh und dankbar und gerne bei der Eintracht, auch wenn es nicht immer einfach ist“.

Dies gilt sowohl für seine Arbeit als auch die sportliche Situation, die in dieser Saison wieder einmal heikel ist. Zwei Abstiege hat Bruchhagen in seiner Amtszeit miterleben müssen, der letzte von 2011 wirkt noch heute nach. „Ich habe diese Eigendynamik am eigenen Leib erst vor drei Jahren erlebt. Wir müssen aufpassen, dass wir keinen Rückfall erleiden“, warnte Bruchhagen angesichts der bisher mageren Ausbeute von elf Punkten und Tabellenplatz 15.

Insgesamt blickt der Westfale aber zufrieden auf sein bisheriges Wirken am Main zurück. Denn Bruchhagen hat aus der Diva einen „sehr bescheidenen Verein“ gemacht, wie er es selbst formuliert. Das wird auch andernorts wahrgenommen. „Die Eintracht hat sich großartig entwickelt. Sie ist auf einem sehr guten Weg“, lobte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Mit seinem Sparkurs, der für die finanzielle Konsolidierung eine Grundvoraussetzung war, hat sich Bruchhagen jedoch nicht nur Freunde gemacht. Kritiker werfen dem 65-Jährigen gerne mangelndes Risiko vor. „Meine Vorgänger im Amt haben sich alle von dieser blödsinnigen Argumentation treiben lassen. Und sind alle unehrenhaft entlassen worden“, konterte der Eintracht-Boss im „kicker“.

Kontinuität ist dem als konservativ geltenden Bruchhagen besonders wichtig - vor allem bei der Zusammenarbeit mit den sportlich Verantwortlichen. In seiner Amtszeit ist Armin Veh der fünfte Trainer, vorzeitig gehen musste nur ein Fußball-Lehrer. „Ich habe in zehn Jahren nur drei Monatsgehälter für eine Trainer-Abfindung gezahlt - an Michael Skibbe“, stellte Bruchhagen fest.

Seiner Linie untreu wurde er nur einmal - mit der Verpflichtung von Christoph Daum. „Ich hatte bis dahin immer Trainer mit Stollenschuhen und Trainingsanzug, die echten Fußball verkörpern. Ich wollte diesem Klischee entrinnen und dachte, jetzt machst du mal etwas anderes und nimmst jemanden, der überrascht“, begründete Bruchhagen den Schritt.

Dieser entpuppte sich als Fehlschlag und sorgte auch bei der Konkurrenz für Kopfschütteln. „Heribert war einmal übermütig, als er Daum geholt hat. Das hat die Entwicklung etwas gehemmt“, sagte Watzke. „Wir haben zusammen versagt“, meinte Bruchhagen im Rückblick.

Nun biegt er ohne große Visionen auf die Zielgerade seines Arbeitslebens ein. Im Sommer 2016 soll endgültig Schluss sein. „Da wo ich war, war immer nur Mittelmaß. Ich durfte nie in einem Champions-League-Verein arbeiten. Für die ganz großen Aufgaben hat man mich nie für fähig angesehen“, resümierte Bruchhagen.

Seinem Ruf als exzellentem Fußball-Kenner hat dies nie geschadet. „Heribert ist ein Romantiker und Nostalgiker. Er hat die ganze Palette rauf und runter erlebt, jeden Job des professionellen Fußballs. Und jeden mit Erfolg exerziert“, würdigte Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den Jubilar.