„Zu hundert Prozent“: Schneider bleibt VfB-Trainer
Stuttgart (dpa) - Um 17.19 Uhr brauste Thomas Schneider in seinem Wagen vom Vereinsgelände des VfB Stuttgart. Da hatte der 41-Jährige längst Gewissheit, dass er auch im Kellerduell mit Schlusslicht Eintracht Braunschweig auf der Trainerbank des abstiegsbedrohten Bundesligisten sitzen wird.
Wie es danach weitergeht, ist aber offen. „Wir haben uns nach dem emotionalen Spiel in Frankfurt die Zeit genommen, die nötig war, um in Ruhe analysieren und Eindrücke austauschen zu können“, erklärte Präsident Bernd Wahler nach einer mehrstündigen Sitzung. „Der Vorstand hat entschieden, mit Thomas Schneider weiter zu arbeiten. Der Aufsichtsrat steht zu hundert Prozent hinter dieser Entscheidung.“ Sportvorstand Fredi Bobic dagegen gab keine Erklärung ab. Um 17.40 Uhr fuhr er davon.
Stunden voller Spekulationen lagen da hinter den Beteiligten. Schneider war am Vormittag auf dem Platz gewesen, als die Reservisten der Schwaben mit Co-Trainer Christos Papadopoulos ihre Einheit absolvierten. Im Hintergrund liefen die Diskussionen um die Zukunft des einstigen Hoffnungsträgers indes auf Hochtouren.
Mit Spannung erwarteten Fans und das weitere Umfeld des VfB dann die Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand am Nachmittag. „Es kann lang dauern“, kündigte ein Sprecher des VfB an. Auf der Tagesordnung stünden mehrere Punkte. Natürlich auch die Causa Schneider. Um 14.00 Uhr war es losgegangen.
Mögliche Nachfolger wurden da längst gehandelt. Mal war von Krassimir Balakow die Rede, der selbst acht Jahre für die Schwaben gespielt und mit Sportvorstand Fredi Bobic sowie Giovane Elber das „Magische Dreieck“ gebildet hatte. Dann war Thorsten Fink im Gespräch, der vor fünf Monaten beim Hamburger SV gehen musste und immer wieder genannt wird, wenn in der deutschen Eliteklasse Arbeitsplätze auf der Trainerbank frei werden.
Selbst Nebensächlichkeiten sorgten am Dienstag für einen erhöhten Puls. Beispielsweise, als ein Wagen auf den Parkplatz für Spieler und Verantwortliche auf dem Gelände des Traditionsvereins fuhr. Der Aufregung unter den Fans folgte die Entwarnung: Es war nur Verteidiger Georg Niedermeier, der später noch eine individuelle Einheit an diesem sonnigen Tag am Neckar abspulte.
Nach der historischen Serie von acht Niederlagen nacheinander geht beim Tabellen-15. die Angst vor dem ersten Abstieg seit 1975 um. Soll Schneider noch einmal eine Chance beim nächsten Kellerduell am Samstag gegen Eintracht Braunschweig erhalten? Oder wird ein frischer Impuls gesetzt? Diese beiden Kernfragen wurden im Tagesverlauf zwischen Aufsichtsrat und Vorstand diskutiert. Ob auch das Szenario einer Niederlage am Samstag gegen Braunschweig erörtert wurde, war hingegen zunächst nicht bekannt.
Krisenfest und in sich ruhend präsentierte sich tags zuvor Cacau. Der frühere Nationalspieler spielt seit 2003 für den VfB und hat so manche Krise bei den Schwaben mitgemacht. „Man muss als Vorbild vorangehen. Man darf nicht nur an sich denken“, sagte der 32-Jährige am Montagabend bei einer Buchpräsentation. Wenn man von etwas überzeugt sei, müsse „man das auch durchziehen“.
Cacau beschrieb treffend den Zwiespalt zwischen Anspruch und Realität: Präsident Bernd Wahler und Bobic wollen einen VfB, der für Jugend, Frische und Lässigkeit steht. Schneider vereint davon Vieles, nicht zuletzt, weil er als ehemaliger U-17-Coach Youngster wie Timo Werner und Rhani Khedira konsequent förderte.
Demgegenüber steht die Niederlagenserie - die längste in der Historie des Vereins. Auch die Politik der „harten Hand“ zeigte unter Schneider keine Wirkung. Der Druck wird in den kommenden Wochen sicher nicht geringer. Und auch wenn das die ambitionierten Verantwortlichen beim VfB nicht gerne hören werden: Es warten Gegner auf Augenhöhe. Braunschweig, Bremen, Hamburg und Nürnberg sind Gradmesser im Existenzkampf.