Allofs schimpft: Komplett-Aus in Europa droht

Eindhoven (dpa) - Ohne Kevin De Bruyne ist der VfL Wolfsburg in Europa bestenfalls Durchschnitt. Während Deutschlands Fußballer des Jahres mit Manchester City als Einwechselspieler vorzeitig das Achtelfinale der Champions League erreichte, droht seinen alten Kameraden der Königsklassen-K.o.

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„Das ist dann unterm dem Strich auf Champions-League-Ebene zu wenig“, schimpfte Sportchef Klaus Allofs nach dem Frust-Abend am Dienstag in Eindhoven.

Mit dem erschreckend harmlosen 0:2 (0:0) bei der PSV verspielte der deutsche Vizemeister seine glänzende Ausgangslage und muss nun sogar um das Überwintern in der Europa League fürchten. „Wir müssen kapieren, dass es jetzt richtig eng wird“, mahnte Abwehrchef Naldo.

Vor allem Allofs war mächtig angefressen ob des pomadigen Auftritts seiner Stars, die das Minimalziel Achtelfinale leichtfertig aufs Spiel setzten. „Die Enttäuschung ist riesengroß. Denn wir hatten die große Chance, in dieser Gruppe die Weichen zu stellen. Wir haben diese Gelegenheit nicht genutzt. Wir haben aber auch nicht so gespielt, als hätten wir sie nutzen wollen“, urteilte Allofs.

In der Tat verdiente vor allem die Offensive ihren Namen nicht. „Wir brauchen vorne mehr Bewegung und Power im Eins-gegen-eins. Wir haben dort zu viele Ballverluste. Dann ist es auch schwer für die Abwehr“, meckerte Naldo. Nicht nur er sehnte sich nach der Angriffswucht De Bruynes, die dem VfL am Dienstag so fehlte. Durch den Rekordverkauf ist der VfL zwar um 86 Millionen Euro reicher, aber um jede Menge Inspiration ärmer. De-Bruyne-Ersatz Julian Draxler blieb überraschend zum zweiten Mal nacheinander nur auf der Bank, und Weltmeister André Schürrle gab erneut Rätsel auf.

Der 32-Millionen-Euro-Mann will auch neun Monate nach seinem Wechsel zum VfL einfach nicht durchstarten. Allofs und Trainer Dieter Hecking hatten stets auch auf De Bruynes Startprobleme seinerzeit nach dessen Wechsel nach Wolfsburg verwiesen. Nur der Belgier wurde schnell zum Fixpunkt und schoss die Niedersachsen in der vergangenen Saison als Scorerkönig der Bundesliga zur Vizemeisterschaft und zum Pokalsieg.

Von einer nur annähernd ähnlichen Dominanz im Angriffsspiel ist Schürrle so weit entfernt wie der VfL am Dienstag von der Champions-League-Form. Auf der früheren De-Bruyne-Position hatte der Weltmeister die mit Abstand schlechteste Passquote aller Spieler auf dem Platz: Jeder zweite Ball landete beim Gegner.

Auch Hecking monierte „viele, viele leichte Ballverluste“ beim Auftritt, der vieles zunichte machte. Zu allem Überfluss ist durch das zweite Eindhovener Tor des in der Bundesliga in Gladbach gescheiterten Luuk de Jong kurz vor dem Ende sogar der direkte Vergleich mit der biederen PSV dahin. „Wenn man schon verliert, dann zumindest nur mit 0:1, aber das haben wir dann auch nicht geschafft. Das ist ein sehr unbefriedigender Abend“, analysierte Allofs nach dem unnötigen Sturz von der Tabellenspitze der Gruppe B.

Mit sechs Punkten aus vier Spielen ist der VfL hinter Manchester United (7) und der PSV (6) nur noch Dritter. Bei ZSKA Moskau (4) muss Wolfsburg in drei Wochen punkten. Erinnerungen an 2009 werden dabei wach, als der VfL in fast der gleichen Gruppe beim 1:2 in Moskau am vorletzten Spieltag die Champions-League-K.o.-Runde verspielte. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, es besser zu machen als damals“, meinte Kapitän Diego Benaglio, der auch vor sechs Jahren schon im Tor stand.

Obwohl sich der VfL deutlich stärker einschätzt als bei der ersten Champions-League-Teilnahme, könnte die Enttäuschung diesmal noch größer sein. Damals ging es in der Europa League immerhin noch bis ins Viertelfinale. Das Überwintern im von Hecking als „Abfallprodukt“ bezeichneten kleineren Europacup ist nun aber in großer Gefahr.

2009 war die Ausgangslage vor den noch ausstehenden zwei Spielen in Moskau und gegen ManUnited besser. Nach vier Partien hatte der VfL unter Armin Veh einen Punkt mehr und einen Konkurrenten weniger. Besiktas Istanbul war damals Gruppenletzter. In der PSV hat Wolfsburg diesmal aber einen Konkurrenten zurück ins Geschäft geholt.