Chefkritiker Ballack geht mit Leistung voran

Kaiserslautern (dpa) - Nach der Bundesliga-Gala an alter Wirkungsstätte fiebert Michael Ballack erwartungsfroh dem Highlight in der europäischen Königsklasse gegen seinen Ex-Club FC Chelsea entgegen.

„Das wird ein großer Fußball-Abend. Es ist ein ganz, ganz wichtiges Spiel für uns, auch im Hinblick darauf, wohin die Reise in den nächsten Wochen gehen wird. Wir wollen und müssen punkten, damit wir alles weiter in unseren Händen halten“, sagte der beim 2:0 in Kaiserslautern überragende Mittelfeld-Stratege von Bayer Leverkusen.

Die Partie gegen das Top-Team aus London rundet fünf Tage nach seinem wohl letzten Auftritt auf dem Betzenberg, wo der 35-Jährige einst seine Profikarriere begann, eine nostalgische Woche für Ballack ab. Mit dem Club von der Stamford Bridge gewann er 2010 die englische Meisterschaft und zweimal den FA-Cup. „Als Fußballer war das eine der wichtigsten Stationen, weil ich dort persönlich sehr viel gelernt habe. Es war eine tolle Zeit in London“, schwelgte Ballack in den Katakomben des Fritz-Walter-Stadions in Erinnerungen.

Ins Schwelgen geriet auch Bayer-Trainer Robin Dutt angesichts des starken Auftritts des ehemaligen Nationalmannschaftskapitäns, der beim wichtigen Sieg gegen die Roten Teufel als Ideengeber und Torschütze glänzte. „Michael geht seit Monaten mit Leistung voran. Er lebt den Erfolgswillen vor. Er ist in einer sehr guten Form, sehr präsent und an vielen torgefährlichen Situationen beteiligt“, äußerte sich Dutt fast schon euphorisch.

Im Herbst seiner Karriere läuft Ballack noch einmal zur Hochform auf und unterstreicht Woche für Woche seinen Wert für die Werkself. Und mit der sportlichen Leistung ist auch seine Angriffslust außerhalb des Rasens zurückgekehrt.

Mit markigen Worten hatte der 35-Jährige die Situation bei Bayer („teilweise wie im Schlaraffenland für die Spieler“) scharf kritisiert, nach den 90 Minuten erläuterte er seine Beweggründe. „Ich hoffe, dass das nicht gut angekommen ist. Denn genau das brauchen wir ja: Diskussionen, verschiedene Meinungen und Auffassungen. Nur dann kannst du dich verbessern. Wenn immer alle einer Meinung sind, bringt das nichts“, meinte Ballack.

Rückendeckung erhielt er vom Trainer. „Er ist ein so erfahrener Spieler, dass er auch Dinge aus seiner Sicht ansprechen kann. Darin sehe ich überhaupt kein Problem“, sagte Dutt. Der war sich mit dem 98-maligen Nationalspieler darin einig, dass die Leistung von Kaiserslautern in den kommenden Wochen bestätigt werden muss. „Wichtig ist, dass wir uns jetzt nicht ausruhen. Wir wollen auf die Champions-League-Plätze, da muss Konstanz rein, da müssen wir nachlegen und mehrmals hintereinander gewinnen“, forderte Ballack.

In seiner jetzigen Verfassung ist Ballack Kopf und Herz der Mannschaft und aus dieser kaum wegzudenken. Doch die Zeichen stehen auf Abschied. „Es muss für beide Seiten Sinn machen. Im Moment gehen wir davon aus, dass es im Sommer vorbei ist“, erklärte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler.

Ballack selbst kokettiert mit der Situation, wieder ein gefragter Mann zu sein, der alles selbst in der Hand hat. „Ich habe keine einfachen Monate hinter mir. Es ist doch normal, wenn man 35 ist und der Vertrag läuft aus, dass man sich Gedanken macht. Es heißt nicht, dass unbedingt Schluss sein muss in der Bundesliga, aber es ist damit zu rechnen, dass es sein kann“, meinte Ballack zu seiner sportlichen Zukunft. Eine Vertragsverlängerung bei Bayer sei für ihn kaum vorstellbar: „Im Moment gehe ich davon aus, dass es meine letzte Saison bei Leverkusen sein wird.“