Diva Drogba - Lampard: „Sein Körper ist eine Maschine“
London (dpa) - Didier Drogba kann einem Angst machen. Er ist exzentrisch, launisch und hat den Körper eines Bronze-Kriegers. „Wenn ich einen Spieler wählen müsste, mit dem ich in die Schlacht ziehe, wäre es Didier“, sagte sein ehemaliger Coach, José Mourinho, einmal über Drogba.
Der Fußballer von der Elfenbeinküste und Star des FC Chelsea trägt aber einen Makel mit sich herum: Drogba hat noch nie ein großes Finale gewonnen. Das Endspiel der Champions League am Samstag in München gegen den FC Bayern könnte seine letzte Chance sein. „Ich weiß nicht, ob ich für Endspiele gemacht bin, aber ich habe auf jeden Fall Spaß daran“, sagte der Ivorer, der mit 34 Jahren noch einmal einen Zweijahresvertrag bei Chelsea anstrebt. Der Verein will ihm aber nur einen 12-Monate-Kontrakt geben.
Dabei ist Drogba laut Interimstrainer Roberto di Matteo noch lange nicht über den Zenit. „Er lebt ein sehr professionelles Leben. Wenn du das tust, kannst du so lange spielen, wie du willst“, betonte der Italiener. Und Mitspieler Frank Lampard stellte beeindruckt fest: „Sein Körper ist eine Maschine, wenn man ihn oben ohne sieht. Er hat weder an Geschwindigkeit noch an Torinstinkt verloren.“
Drogba hat aber auch immer noch etwas nachzuholen. Im Alter von 24 Jahren kickte er noch in der zweiten französischen Liga bei Le Mans so vor sich hin. Seit nunmehr acht Jahren spielt er bei Chelsea. Klappt es nicht mit dem Zweijahresvertrag, könnte ihn der Weg nach China führen: Shanghai Shengua um Ex-Teamkollege Nicolas Anelka lockt mit angeblich acht Millionen Euro pro Jahr.
Der Auftritt auf der größten europäischen Vereins-Fußballbühne könnte also auch der letzte im Dress von Chelsea sein. Die Hoffnungen der Fans ruhen auf dem unglaublich kraftvollen und dynamischen Stürmer - wenn Drogba Lust hat. Im Halbfinal-Hinspiel erzielt er den 1:0-Treffer gegen den FC Barcelona, insgesamt war er in dieser Saison in der Königsklasse schon fünfmal erfolgreich.
Holt Didier Yves Drogba Tébily vom Volk der Bété nun aber wieder der Final-Fluch ein? Als Kapitän der Elfenbeinküste verlor er zwei Afrika-Cup-Endspiele (2006 und 2012). Mit seinem ehemaligen Club Olympique Marseille unterlag er 2004 im UEFA-Cup-Endspiel dem FC Valencia. Und dann das totale Trauma: 2008 scheiterte er in Chelseas erstem Champions-League-Endspiel dramatisch an Manchester United.
Im Elfmeter-Krimi fehlte er, weil er in der 116. Minute wegen einer Tätlichkeit Rot sah. Auch das ist Drogba. Er kassierte mehr Platzverweise als jeder andere in Europas Elite-Liga: Drei Karten plus eine Vier-Spiele-Sperre, weil er nach dem Halbfinal-Aus gegen Barcelona 2009 wie von der Tarantel gestochen auf den Referee losgegangen war. Danach schwor Drogba seinem Sohn: „So was tue ich nie wieder. Ich bin kein wilder Kerl.“
Außerhalb des Feldes sowieso nicht. Aus der Kabine schreitet die Diva Drogba nach den Chelsea-Spielen stets als Letzter - das Haar samt Zöpfchen perfekt gegelt, die Perlenkette um den Hals und den Edel-Kulturbeutel in der Hand. Und es gibt es den Familienmenschen Drogba, der die Namen seiner vier Kinder Isaac, Iman, Kevin und Keyran mit einem Rosenkranz eingefasst in seinen linken Unterarm tätowiert hat. Und jenen Drogba, der als unermüdlicher Friedensstifter in Afrika unterwegs ist.
Das amerikanische Magazin „Time“ führte ihn 2010 in der jährlichen Liste der „100 einflussreichsten Menschen der Welt“. Nun will sich Drogba mit Chelsea zu Europas Fußball-Macht küren: „Finals sind dazu da, um gewonnen zu werden“, sagt er. Nur gemacht hat er es noch nie.