Englands Clubs vor Pleitensaison in Champions League
London (dpa) - ManUnited und ManCity in der Vorrunde raus und nun auch Arsenal und Chelsea vor dem Scheitern. Dem erfolgsverwöhnten englischen Fußball droht in der Champions League erstmals seit 1996 ein Viertelfinale ohne Premier-League-Beteiligung.
Nach der 1:3-Pleite des FC Chelsea im Hinspiel beim SSC Neapel titelte die „Gazzetta dello Sport“ schadenfroh: „Mitreißendes Neapel - oh yes! (...) Und noch eine Lektion für die Engländer“. Vor einer Woche hatte der FC Arsenal in Italien seine „schlimmste Nacht in Europa“ (Coach Arsène Wenger) erlebt: das 0:4 beim AC Mailand.
Dabei schienen die italienischen Vereine ihre glorreichen internationalen Zeiten hinter sich zu haben, während die neureichen englischen Vereine die Königsklasse gemeinsam mit dem FC Barcelona dominierten. In den vergangenen sieben Jahren war sechsmal mindestens ein Premier-League-Vertreter im Finale - zweimal ging der Titel nach England (FC Liverpool 2005 und Manchester United 2008). Wenn das Nationalteam des Fußball-Mutterlands mal wieder peinlich scheiterte, war zumindest auf die Clubs der selbst erklärten stärksten Liga der Welt Verlass.
„Mit unserer Prahlerei gehen wir nun den Bach herunter“, warnte der frühere englische Nationaltrainer Graham Taylor im Radio der BBC am Mittwoch. Bei den Gegnern gibt es dagegen genüssliche Genugtuung. „Ein Triumph gegen eine Weltmacht“, tönte Neapel-Star Edinson Cavani, der neben Doppeltorschütze Ezequiel Lavezzi erfolgreich war. Das vor einigen Jahren noch drittklassige Napoli, in dem Auto-Korsos wie zu Maradonas Zeiten fuhren, hatte in der Vorrunde auch schon Englands Tabellenführer Manchester City in die Europa League verabschiedet.
Chelseas Coach André Villas-Boas kann nach Ansicht der englischen Zeitungen nur noch „ein Wunder helfen, um seinen Job zu retten“, wie der „Daily Mirror“ schrieb. Dabei hatte nach dem 1:0 durch Juan Mata (27. Minute) für den Premier-League-Fünften noch alles gut ausgesehen - dann zündete Neapel sein Konter-Feuerwerk und zerlegte Chelseas Abwehr. „Natürlich“ sei er beim Rückspiel am 14. März noch dabei, versicherte ein verkniffener Villas-Boas. Er betonte erneut: „Ich genieße das volle Vertrauen des Clubbesitzers.“
Doch mit dieser Meinung steht der 34-jährige Portugiese recht allein da. Der frühere Liverpool-Coach Rafael Benítez ist angeblich bereit, bis zum Saisonende zu übernehmen. Auch Villas-Boas' Londoner Kollege Wenger steckt in der schwersten Krise seiner 16-jährigen Gunners-Karriere und steht vor dem siebten titellosen Jahr in Serie.
Insgesamt besteht aber wohl noch kein Anlass, sich um die englische Liga Sorgen zu machen. „Die Champions League ist ein schrecklicher Gradmesser, um die Stärke und Qualität einer Liga zu beurteilen“, sagte der italienische Fußball-Experte Gabriel Marcotti in der BBC. „Wenn man darüber spricht, wer die besten beiden Teams hat, ist es Spanien. Wenn man darüber spricht, wo die meisten Teams um den Titel konkurrieren, ist es Deutschland“, sagte er. „Die Serie A, die ihren Tiefpunkt 2007 und 2008 erlebt hat, kommt langsam zurück. Sie ist konkurrenzfähig, die Besucherzahlen und die Einschaltquoten sind oben - wir haben den am zweitbesten dotierten Fernsehvertrag in der Welt.“
Spitze ist noch immer England. Die Premier League boomt. Auch der vierte Champions-League-Platz ist nicht in Gefahr: England ist in der Fünf-Jahres-Wertung der UEFA Erster und besitzt ein großes Polster auf Italien. Das bekommt als Vierter nur drei Startplätze.