Ferguson einsichtig: „Noch nie so verprügelt“
London (dpa) - So anonym, wie sie zuvor auf dem Platz gewesen waren, blieben die meisten Spieler von Manchester United auch nach dem Schlusspfiff. Einer nach dem anderen zog, den Betonboden in den Wembley-Katakomben fest fixierend, an den mehreren hundert Journalisten vorbei.
Worte hatten sie keine, dafür aber den einen oder anderen Ball als Souvenir unter den Arm geklemmt - immerhin. Während des denkwürdigen Finales hatte ihnen der Gegner das Spielgerät ja weitestgehend vorenthalten.
Alex Ferguson sah nach der zweiten Endspiel-Niederlage hintereinander gegen Barcelona nicht wie der nimmersatte Erfolgstrainer, sondern wie ein trauriger, 69 Jahre alter Mann aus. Anlässlich solcher Gelegenheiten zündet er normalerweise gerne Nebelkerzen, um von eigenen Schwächen abzulenken. Von Schiedsrichterirrtümern und unglücklichen Momenten ist dann oft die Rede, doch am Samstagabend war die Wahrheit die beste Ausrede. „Ich bin noch nie auf so eine Mannschaft getroffen“, sagte der Schotte, „sie haben uns mit ihren Kombinationen verzaubert. So hat uns noch nie jemand verprügelt“.
Ferguson bemängelte zwar, dass sein Team ungeachtet der Brillanz Barcelonas unter seinen Möglichkeiten geblieben war - „wir hätten besser spielen können “ - hielt sich aber wohlweislich nicht mit der Analyse der eigenen Versäumnisse auf. Er hätte sonst wohl zugeben müssen, dass er mit seiner offensiven 4-4-1-1 Aufstellung exakt jenen Fehler wiederholt hatte, der United schon beim 0:2 in Rom vor zwei Jahren chancenlos blieben ließ. Mit nur zwei zentralen Mittelfeldspielern war der englische Meister vor der eigenen Abwehr stets in Unterzahl. Gegen die sagenhaft ballsicheren Katalanen kann so keine Mannschaft der Welt bestehen.
Der Spielverlauf erinnerte aus United-Sicht fatal an die Demütigung in der italienischen Hauptstadt, wo Samuel Eto'o die Partie nach neun Minuten entschieden hatte. Der Unterschied war, dass Barca noch besser, United aber wenigstens bis zur Pause im Spiel geblieben war. „Wir haben ein bisschen Druck auf sie ausgeübt und es 15 Minuten länger als in Rom ausgehalten (ohne Gegentor zu bleiben)“, sagte Torhüter Edwin van der Sar mit einer Spur von Sarkasmus.
Der 40-Jährige Niederländer war einer der wenigen United-Spieler, die hinterher Stellung bezogen. Nach dem letzten Match in seiner langen glorreichen Karriere wollte er sich nicht wie ein Dieb in die Nacht davon stehlen. „Vielleicht war es ein Spiel zuviel für mich“, sagte van der Sar selbstkritisch, Pedro und Lionel Messi hatten ihn bei den ersten beiden Treffern auf dem falschen Fuß erwischt. Aber in der Summe spielte Barcelona so grandios, so majestätisch, dass diese Kleinigkeiten nicht wirklich ins Gewicht fielen. „Wir hatten einfach Pech“, sagte van der Sar abschließend: „Wir mussten zweimal gegen eine Mannschaft im Finale spielen, die für uns nicht zu schlagen war“.
Van der Sars Abschied stand schon vorher fest, doch das Finale könnte auch das Ende eines anderen Profis bei United einläuten. Dimitar Berbatow, der von Ferguson nicht einmal für die Bank nominiert worden war, soll angeblich das Stadion schon vor dem Anpfiff verlassen haben. Der Trainer beteuerte zwar, dass der Ex-Leverkusener mit in der Kabine war, aber von den gut 87 000 Zuschauern hatte ihn niemand gesehen. Die Zeit des Bulgaren im „Old Trafford“ scheint abgelaufen zu sein.