Gefährliche Nullnummer - Sammer: „Nicht Bayern München“
München (dpa) - Der Vorab-Verzicht aufs Bankett erwies sich als weise Entscheidung. Die Bayern waren nach dem tristen 0:0 gegen Schachtjor Donezk nicht in Feierlaune. Sie wollten nur noch so schnell wie möglich weg aus der Ukraine.
Nur vier Stunden nach dem Abpfiff in Lwiw landete die Charter-Maschine mit dem deutschen Fußball-Rekordmeister um 2.35 Uhr in der Nacht zum Mittwoch wieder in München: Spieler, Trainer und Verantwortliche eilten müde nach Hause nach einer außergewöhnlichen Champions-League-Reise, die die eigenen hohen sportlichen Erwartungen nicht erfüllt hatte.
„Das ist kein Wunschergebnis. Wir hätten es uns leichter machen können für das Rückspiel“, bilanzierte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge nach dem Achtelfinal-Hinspiel. „Nein, zufrieden sind wir nicht“, erklärte auch Weltmeister Mario Götze: „Wir wollten uns eine bessere Ausgangssituation schaffen als die, die wir jetzt haben.“
Unter anderem hatte am Dienstagabend in der ausverkauften EM-Arena von Lwiw das in den K.o.-Runden besonders wertvolle Europacup-Auswärtstor gefehlt. Darum sprach auch Sportvorstand Matthias Sammer von einem durchaus „gefährlichen Resultat“ für die entscheidende zweite Partie in drei Wochen in München.
Höhepunkt der Ärgernisse in einem nicklig und hart geführten Kampfspiel war die Gelb-Rote Karte für Jubilar Xabi Alonso, der in seinem 100. Champions-League-Spiel in der 65. Spielminute nach wiederholtem Foulspiel vom Platz flog. Die Kritik der Bayern entzündete sich nicht nur wegen dieser Entscheidung darum vor allem an Alberto Undiano Mallenco. „Der Schiedsrichter war eine einzige Katastrophe“, klagte Rummenigge. Auch Trainer Pep Guardiola erklärte seinen spanischen Landsmann zum großen Spielverderber: „Die zweite Halbzeit können wir nicht kommentieren, weil der Schiedsrichter entschieden hat, dass wir zehn gegen elf spielen.“
Die Bayern-Formkurve 2015 bleibt rätselhaft. Drei von fünf Pflichtspielen wurden nicht gewonnen, auf die 8:0-Gala gegen den HSV folgte das 0:0 in Lwiw. „Champions League ist schon schwieriger als Bundesliga“, betonte Rummenigge zwar. Aber auch dem Boss war das Gebotene gerade in der zweiten Hälfte „ein Stück zu wenig“.
Guardiola verblüfft weiterhin mit raschen Personal- und Systemwechseln, das Team wirkt bisweilen wie ein permanenter Verschiebebahnhof. Gegen Schachtjor orientierte sich Guardiola mal extrem am Gegner. „Wir haben ihre Konter kontrolliert, das war das wichtigste“, resümierte der Coach. Der flinke David Alaba spielte überraschend neben Jérome Boateng in der Innenverteidigung. Torjäger Robert Lewandowski rotierte auf die Bank.
Xabi Alonso kehrte nach muskulären Problemen als Fixpunkt ins Team zurück. Sein Zusammenwirken mit Bastian Schweinsteiger im Mittelfeld passte aber wieder nicht. „Das ist noch nicht Bayern München“, urteilte Sportvorstand Matthias Sammer. „Unsere Antennen müssen draußen stehen“, mahnte er. „Wir sind noch nicht auf Top-Level. Wir sind auf dem Weg, aber wir müssen uns auch selber den Spiegel vorhalten und sagen, da fehlt noch ein Stück zu dem, was unser eigener Anspruch ist.“
Das Positive des Abends konnte praktisch auf die Null reduziert werden, die hinten stand. „Wir haben gut verteidigt“, erklärte Nationaltorhüter Manuel Neuer. Ein Selbstläufer wird das Rückspiel am 11. März nicht, auch wenn der FC Bayern gegen den offensiv harmlosen Serienmeister aus der Ukraine klarer Favorit auf den Viertelfinaleinzug geblieben ist. „Die Tür ist auf. Aber wir hätten sie noch ein Stück weiter aufmachen können“, sagte Rummenigge. Thomas Müller versuchte dem 0:0 mit Blick aufs Rückspiel am Ende doch noch eine positive Deutung zu geben: „Das kann psychologisch auch ein Vorteil sein, dass es keine Kompromisse gibt.“