Hoeneß schwärmt von Neuer: „Allererste Sahne“
London (dpa) - Uli Hoeneß verließ das letzte Champions-League- Bankett vor seinem Steuerprozess guten Mutes - zumindest mit dem Blick auf seinen FC Bayern.
Auf dem Weg vom Großen Ballsaal im Hotel The Landmark zu seinem Zimmer verriet der Präsident nach dem nächsten großen Münchner Fußball-Abend in London, dass sie sich am Vorstandstisch mit Pep Guardiola schon mal die möglichen Top-Gegner im Viertelfinale ausmalten, „wenn wir weiterkommen“. Daran dürften nach dem packenden 2:0 (0:0)-Sieg im Achtelfinal-Hinspiel beim FC Arsenal höchstens Berufspessimisten noch Zweifel hegen.
„Wir haben uns gerade ausgerechnet, wer dann alles kommen wird“, berichtete Hoeneß und zählte auf: „Barcelona, Atletico Madrid, Real Madrid vielleicht, dann Dortmund, Paris und so. Das ist jetzt schon hohe Qualität in dem Geschäft.“ Die historische Titelverteidigung wird allerdings zu einer Herkulesaufgabe. „Alle Mannschaften, die noch dabei sind, wollen unbedingt nach Lissabon. Wir sind nicht die einzigen Anwärter“, mahnte Manuel Neuer, der Mann des Spiels.
Das Imperium FC Bayern geriet schon beim Start der K.o.-Phase zumindest ein wenig ins Wanken. Hoeneß hatte dafür eine plausible Erklärung parat. „Für unsere Mannschaft war es in den ersten 20 Minuten schon eine Umstellung. Denn Bundesliga und Champions League top ist ein kleiner Unterschied“, meinte der 62-Jährige.
Die national meist unterforderten Bayern benötigten gegen die wild losstürmenden „Gunners“ die überragende Klasse von Manuel Neuer, um mehrmals einem Rückstand zu entgehen. „Allererste Sahne““, schwärmte Hoeneß über den Nationaltorhüter, der erst einen Schuss von Yaya Sanogo überragend parierte und dann mit der Faust reflexartig den Elfmeter von Mesut Özil abwehrte. „Na klar, kenne ich Mesut“, sagte Neuer über das Duell mit seinem Nationalmannschaftskameraden und Ex-Kollegen beim FC Schalke 04. „Ich kenne seinen Anlauf und wusste, dass ich lange warten muss“, berichtete Neuer.
„Wir waren glücklich, weil der beste Torwart der Welt seine Qualitäten gezeigt hat“, lobte Trainer Pep Guardiola. „Große Spieler sieht man immer in den großen Spielen“, meinte Toni Kroos. Der Satz galt Neuer, traf aber am Mittwochabend auch auf ihn selbst zu.
Die Schlüsselszene des Spiels war auch für Neuer „ganz klar der Platzverweis“ für Arsenal-Schlussmann Wojciech Szczęsny. Elfmeter, den David Alaba an den Pfosten schoss, und Rote Karte lautete das zwangsläufige Urteil von Schiedsrichter Nicola Rizzoli nach der Notbremse des Polen gegen Arjen Robben in der 37. Minute.
„Diese Regel sollte man mal überdenken“, forderte Neuer „aus Torwartsicht“. Mit der Entscheidung habe der Schiedsrichter „das Spiel gekillt“, klagte Arsenal-Coach Arsène Wenger. „Danach konnten wir unser Dominanzspiel aufziehen“, resümierte Hoeneß. Guardiola reagierte in der Pause, versetzte Philipp Lahm wieder von der rechten Abwehrseite zurück ins Mittelfeld, wo der Kapitän die Tore von Kroos (54.) und „Joker“ Thomas Müller (88.) vorbereitete. Es war der siebte Auswärtssieg in Serie - Champions-League-Bestmarke!
„Es kam mit zehn Mann einem Himmelfahrtskommando gleich“, stöhnte Arsenal-Kapitän Per Mertesacker: „Das zweite Tor tut uns richtig weh.“ Der Nationalspieler trauerte Özils Elfmeter nach: „Gegen die Bayern musst du eiskalt sein, sonst hast du keine Chance.“
Deren Siegesparty im Londoner Stammquartier Landmark fiel natürlich viel dezenter aus als nach dem Final-Triumph 2013 gegen Borussia Dortmund. Aber die englische Hauptstadt bleibe ein gutes Pflaster, wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in seiner Bankettrede hervorhob: „Es gibt diesen schönen Spruch, 'Football is coming home'. Hier kann man sagen: FC Bayern is coming home!“