Champions League Madrid-Spiel kommt für Bayer zum ungünstigen Zeitpunkt
Leverkusen (dpa) - Wenig Lust auf Champions League: Die Mission Impossible im Achtelfinal-Rückspiel der Königsklasse verkommt bei Bayer Leverkusen fast zur lästigen Pflicht.
„Normalerweise sollte man sich auf jedes Champions-League-Spiel freuen. Aber dieses trifft uns im denkbar ungünstigsten Moment“, sagte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade. Im WDR2-Interview fügte er sogar an: „Es wäre besser, wenn der Trainer eine komplette Trainingswoche hätte.“
Daran, dass Bayer das 2:4 aus dem Hinspiel zu Hause am Mittwoch (20.45 Uhr) bei Vorjahresfinalist Atlético Madrid noch dreht, glaubt fast niemand. „Wunder gibt es immer wieder“, erklärte Schade: „Aber wir müssen realistisch bleiben: Es ist unrealistisch.“
Auch in den Gesichtern der Spieler lag am Kölner Flughafen wenig Zuversicht. Bayer hat derzeit andere Probleme. Die Premiere unter dem neuen Trainer Tayfun Korkut beim 1:1 gegen Werder Bremen war unbefriedigend. Sportchef Rudi Völler mahnte angesichts von nur fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz gar davor, den Blick nach unten „nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“.
Auf das Spiel freue er sich, beteuerte Völler: „Man hat im Fußball schon viel gesehen. Wenn wir sicher stehen und Nadelstiche setzen können, wird Atlético vielleicht nervös.“ Doch auch der Sportchef sieht die Ausgangslage realistisch: „Das ist eine Mammut-Aufgabe. Am wichtigsten ist, dass wir eine gute Leistung zeigen und Selbstvertrauen tanken.“ Schade formulierte es so: „Die Mannschaft will sich gut aus der Affäre ziehen, das Hinspiel-Ergebnis vergessen machen und Motivation tanken.“
Korkut glaubt offenbar grundsätzlich nicht an Fußball-Wunder. Als der FC Barcelona in der Vorwoche durch das 6:1 gegen Paris Saint-Germain Champions-League-Geschichte schrieb, saß er schon nicht mehr vor dem Fernseher. „Ich habe es mir bis zum 3:1 angeschaut. Danach habe ich umgeschaltet oder was anderes gemacht“, sagte der 42-Jährige.
Doch gerade das Ergebnis von Barcelona hilft ihm, Optimismus zu verbreiten. „Wir werden bis zum Ende kämpfen“, versprach er: „Wir wollen alles so hinbekommen, dass wir weiterkommen. Man hat in den letzten Tagen gesehen, was alles möglich ist.“ Das Spiel empfindet er als „absolut nicht störend“.
Die Chance auf ein Wunder á la Barcelona ist freilich gering. Nicht nur die aktuelle Form spricht gegen Bayer, sondern auch jede nur denkbare Statistik. Vor allem diese: Seit Einführung der Champions League 1992 ist keine einzige Mannschaft weitergekommen, die das erste Spiel zu Hause mit zwei Toren Unterschied verlor.
Zudem fehlen den Rheinländern in den verletzten Ömer Toprak und Jonathan Tah sowie dem gesperrten Benjamin Henrichs drei der vier Spieler aus der etatmäßigen Abwehrkette, dazu Kapitän Lars Bender, Routinier Stefan Kießling, Youngster Kai Havertz und Hakan Calhanoglu. Mancher Bayer-Fan ist angesichts dieser Umstände froh, wenn das Team beim Vorjahresfinalisten nicht so untergeht wie 2012 beim 1:7 in Barcelona nach einem ebenfalls mit zwei Toren Differenz verlorenen Hinspiel (1:3). „Barcelona ist unvergessen“, erklärte Schade: „Ich hoffe sehr, dass uns so etwas nie mehr passieren wird.“ Und auch Korkut will auf keinen Fall ins offene Messer laufen: „Wir müssen unsere Chancen erspielen, ohne den Kopf zu verlieren.“
Zumindest in der persönlichen Vita des Bayer-Trainers findet sich noch ein statistischer Mutmacher: Als Spieler von Real Sociedad San Sebastián gewann Korkut im Januar 2003 mit 2:1 im Vicente Calderón - und schoss den Führungstreffer gegen den heute als Co-Trainer tätigen Germán Burgos im Atlético-Tor.