Madrider Derby im Champions-League-Finale mit Ronaldo
Lissabon (dpa) - Im ersten finalen Stadtduell der Champions League strebt Real Madrid den zehnten Titel in der Fußball-Königsklasse an. Gegner Atlético kommt mit dem Schwung der ersten spanischen Meisterschaft seit 18 Jahren, bangt vor dem Endspiel in Lissabon aber noch um Torjäger Diego Costa.
Real geht auch deshalb als Favorit in das Finale im Estádio da Luz. Superstar Cristiano Ronaldo steht in seiner portugiesischen Heimat besonders im Mittelpunkt. Der deutsche Nationalspieler Sami Khedira hofft sechs Monate nach seinem Kreuzbandriss zumindest auf einen Kurzeinsatz. Im vergangenen Jahr hatte Bayern München im Endspiel Borussia Dortmund besiegt.
Brasilien ist für Khedira und Cristiano Ronaldo damit noch ganz weit weg. An den richtungsweisenden WM-Auftakt zwischen Deutschland und Portugal in dreieinhalb Wochen verschwenden die Fußball-Profis von Real Madrid noch keinen Gedanken.
Erst geht es für das prominente Duo um mehr als nur einen Titel. Es geht um „La Décima“ - den zehnten Triumph in der Königsklasse, den die Fans von Real seit dem letzten Erfolg vor zwölf Jahren gegen Bayer Leverkusen so sehr herbeisehnen wie sonst nichts.
„Die Décima ist die Trophäe, die jeder Real-Fan will“, sagte Ronaldo vor der Reise in die portugiesische Hauptstadt, in der an diesem Wochenende Spanisch zu ersten Amtssprache wird. 120 000 Fans aus Madrid werden erwartet, zwischen den Flughäfen der südeuropäischen Metropolen herrscht in diesen Tagen Dauerbetrieb. Der Schwarzmarkt um die begehrten 61 000 Tickets im Estádio da Luz treibt schon seit Tagen wildeste Blüten.
In der Luft holte sich Real schon einmal einen kleinen Vorsprung. Der Favorit landete bereits zwei Tage vor dem Showdown am Finalort, Khedira und Ronaldo stiegen hintereinander im feinen Zwirn aus dem Flieger. Der Außenseiter Atlético ließ es gemächlicher angehen. Erst am Freitagmittag schwebte der frisch gekürte spanische Meister im Nachbarland ein. Was auch zeigen sollte, wie die Rollenverteilung im Stadt-Klassiker sein wird. „Wir haben nichts zu verlieren“, sagte Atlético-Coach Diego Simeone entspannt.
Für Real steht dagegen eine ganze Menge auf dem Spiel. Zwar hat der neue Trainer Carlo Ancelotti mit dem Sieg in der Copa del Rey die Minimalvorgabe des mächtigen Präsidenten Florentino Pérez erfüllt, nach der verpassten Meisterschaft ausgerechnet gegen Atlético sorgt aber nur „La Décima“ für eine gelungene Premieren-Saison des italienischen Nachfolgers von José Mourinho.
Doch Ancelotti gab sich vor dem Endspiel betont gelassen. „Es gibt keine Geheimnisse, beide Teams kennen sich gut“, sagte der 54-Jährige. Und doch gaben sich beide Clubs im Vorfeld extrem zugeknöpft, über die Gesundheitszustände ihrer angeschlagenen Stars wurde nichts verraten.
Ancelotti verkündete am Freitagabend immerhin, dass Superstar Ronaldo rechtzeitig wieder fit ist. „Er hat trainiert und keine Probleme.“ Aber was ist mit den Anderen? Spielt Khedira überhaupt und wenn ja, nach seinem Kreuzbandriss erstmals sogar wieder von Beginn an? Was ist mit Pepe und Benzema? Diese Fragen brachten die Real-Fans um den Schlaf. Ancelotti gab hier auch am Freitag keine Aufklärung. „Beide haben in dieser Woche noch nicht trainiert. Wir müssen die Abschlusseinheit abwarten.“
Auf Atlético-Seite fieberten die Anhänger mit Stürmerstar Diego Costa, der extra eine serbische Wunderheilerin mit seinem lädierten Oberschenkel aufsuchte. Im Meisterschafts-Finale beim FC Barcelona musste Costa früh verletzt raus und saß heulend auf der Bank. War es das schon mit dem Finale? Auch Mittelfeldspieler Arda Turan bangt noch. „Sie haben besser trainiert, aber wir müssen abwarten, wie sie sich fühlen. Dann werden wir entscheiden“, sagte Simeone. Also zittern bis zum Anpfiff.
Den wird Khedira wohl von der Real-Bank miterleben, nach sechs Monaten Pause wegen seines Kreuzbandrisses und erst zwei kürzeren Einsätzen wird Ancelotti eher kein Risiko eingehen. „Er hat gut gespielt, aber im Moment hat Asier Illarramendi größere Chancen zu beginnen“, sagte Ancelotti vor einer Woche. Am Freitag äußerte er sich nicht zum Ex-Stuttgarter.
Im Lager der deutschen Nationalmannschaft hofft Bundestrainer Joachim Löw, dass sein Leader im defensiven Mittelfeld noch ein bisschen Wettkampfpraxis sammelt, ehe er am Montag in Südtirol zum DFB-Team stößt. Seine Kollegen fiebern am Samstag vor dem Fernseher mit. „Logisch, dass wir dem Sami die Daumen drücken“, sagte Miroslav Klose. Schließlich würde ein Khedira mit der „La Décima“ im Gepäck frisches Selbstvertrauen in den deutschen WM-Kader bringen.
Voraussichtliche Aufstellungen
Real Madrid: Casillas - Carvajal, Varane, Ramos, Coentrao - Modric, Illarramendi, di Maria - Bale, Benzema, Ronaldo
Atlético Madrid: Courtois - Juanfran, Miranda, Godin, Filipe - Gabi, Tiago - Turan, Koke - Adrian, Villa
Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)