Nach Transferverbot will Barça Aus in Madrid abwenden
Madrid (dpa) - Nach dem Ärger mit den spanischen Steuerbehörden und dem FIFA-Transferverbot droht dem FC Barcelona nun auch sportliches Ungemach.
Der spanische Fußballmeister läuft beim Ligarivalen Atlético Madrid Gefahr, zum ersten Mal seit sieben Jahren den Einzug ins Halbfinale der Champions League zu verpassen. Nach dem 1:1 im Hinspiel im heimischen Camp-Nou-Stadion müssen die Katalanen im Viertelfinal-Rückspiel am Mittwoch beim Tabellenführer der Primera División wenigstens einen Treffer erzielen - und das ausgerechnet gegen die Elf, gegen die Lionel Messi in dieser Saison in vier Spielen kein einziges Mal getroffen hat.
Der Argentinier, auf dessen Tore die Blau-Roten angewiesen sind, gibt den Fans derzeit Rätsel auf: Gegen Real Madrid präsentiert der Barça-Star sich in Weltklasseform, gegen Atlético läuft er sich in der gegnerischen Abwehr fest und gegen Teams wie Betis Sevilla stiefelt er im Spazierschritt über den Platz. „Bei diesem Messi sind keine Prognosen möglich“, meint die Zeitung „El País“. „Aus dem einst permanenten Fußballgiganten ist ein regulierter Künstler geworden, der seine Kräfte dosiert.“
Die Katalanen waren zuletzt sechsmal hintereinander ins Halbfinale der Champions League eingezogen, zweimal gewannen sie den Titel. Und nicht nur das: Der FC Barcelona wurde auch zu einem Vorbild in der Fußballwelt. Der Club kaufte seine Spieler nicht auf dem Transfermarkt zusammen, sondern rekrutierte einen großen Teil aus dem eigenen Nachwuchs und der eigenen Region. Barça prägte zudem einen Fußballstil, der weltweit Nachahmer fand.
Aus dem Vorzeige- und Modellverein ist jedoch eine „Club der Wirren und der Skandale“ geworden, wie das Sportblatt „Marca“ schreibt. Eine Serie von Affären kratzte das einst strahlende Image des Vereins mächtig an. Vor einem Jahr legte das Finanzamt dem Barça-Star Messi zur Last, Steuern hinterzogen zu haben. Der Argentinier bestritt den Vorwurf, zahlte aber zusammen mit seinem Vater 15 Millionen Euro an den Fiskus nach.
Noch ärger trafen den Club die Enthüllungen um den Transfer von Neymar im vorigen Sommer. Die Justiz leitete Ermittlungen ein wegen des Verdachts, dass das Finanzamt durch Scheinverträge um Steuern in Höhe von neun Millionen Euro gebracht worden sein soll. Barça-Präsident Sandro Rosell trat zurück.
Das Auf und Ab des Clubs ging auch unter dem Nachfolger Josep Maria Bartomeu weiter. Carles Puyol, der Kapitän des erfolgreichsten Barça-Teams der Vereinsgeschichte, kündigte das Ende seiner Profi-Karriere an. In der vorigen Woche verhängte die FIFA gegen den Club ein Transferverbot bis 2015, weil Barça nach Ansicht des Weltverbands bei der Verpflichtung von Minderjährigen gegen die Statuten verstoßen haben soll.
Der FC Barcelona reagierte auf die FIFA-Sanktion ebenso wie auf die Ermittlungen der Justiz in der Neymar-Affäre: Er vermutete finstere Mächte im Spiel, die dem Verein schaden wollten. „Die Verschwörungstheorie ist grotesk und eines Clubs wie Barça unwürdig“, beklagte die Zeitung „El Periódico de Catalunya“. Das Fachblatt „Sport“ meinte: „Der FC Barcelona hatte die FIFA vor einem Jahr um eine Ausnahmeregelung gebeten. Dies ist ein Schuldeingeständnis, dass der Verein gegen das Reglement verstoßen hat.“
Trainer Gerardo Martino, den Barça im vorigen Sommer als Nachfolger für den krebskranken Tito Vilanova verpflichtet hatte, hätte nicht im Traum daran gedacht, dass ihn bei den Katalanen ein solcher Wirbel außerhalb des Spielfelds erwarten würde. Auf die Frage, ob er beim Aufwachen zuerst daran denke, was dem Club als Nächstes passieren könnte, flüchtete der Argentinier sich in Sarkasmus: „Wenn ich wach werde, prüfe ich zuerst nach, ob ich noch atme.“