Neapel hofft in Chelsea auf historischen Erfolg
London (dpa) - Die Tor-Maschinerie läuft auf Hochtouren, der Stadtheilige San Gennaro wurde um Beistand angefleht, die Tifosi sind auf dem Weg nach London - Neapel ist bereit für den „storico momento“.
Zum ersten Mal winkt dem SSC Neapel der Einzug ins Viertelfinale der Champions-League.
Nach dem 3:1 im Hinspiel sind die Süditaliener Favorit beim FC Chelsea, der seine Saison und die nationale Fußball-Ehre retten will. Sollten auch noch die Blues scheitern, stünde erstmals seit 16 Jahren kein englisches Team im Königsklassen-Viertelfinale.
Neapel sieht sich in dem vom deutschen Schiedsrichter Felix Brych geleiteten Spiel unmittelbar vor dem Sprung auf die ganz große europäische Fußball-Bühne. Ein Erfolg, der nicht einmal zu den goldenen Zeiten mit Diego Maradona gelungen war. Am Mittwochabend wird das neapolitanische Chaos für zwei Stunden stillstehen.
Hunderttausende werden in den Bars und Pizzerien der Hafenstadt vor den Fernsehern sitzen. Sie werden noch einmal Stoßgebete an San Gennaro schicken und die 5000 Tifosi beneiden, die nach London gepilgert sind, um den herbeigesehnten Triumph hautnah zu erleben.
Unterm Vesuv ist man sicher, dass sich die Elf von Walter Mazzarri die 3:1-Führung nicht mehr nehmen lassen wird. Schließlich ist Neapels Sturm-Trio Edinson Cavani, Marek Hamsik und Ezequiel Lavezzi immer für einen Treffer gut. Zusammen haben die drei 43 Tore in dieser Saison geschossen. In sieben Champions-League-Auftritten ist Neapel kein einziges Mal ohne Tor geblieben. Und in der Liga hat sich der SSC am Wochenende beim 6:3 über Cagliari richtig warm geschossen.
Alles spricht deshalb für Neapel. Das weiß auch Chelseas Interimscoach Roberto Di Matteo. Der italienische Ex-Nationalspieler hat Chelsea nach der Talfahrt und der Trennung von Trainer André Villas-Boas zwar ein wenig auffangen können, von alter Klasse sind die Londoner aber weit entfernt. Im FA-Cup und der Liga holte Di Mattero nur zwei Arbeitssiege.
Der Tabellenfünfte der Premier League setzt mit seinem nach einer Knie-Operation zurückgekehrten Mannschaftskapitän John Terry gegen Neapel vor allem auf die Rückendeckung seiner Fans und unbändigen Einsatzwillen. „Passione“ fordert Trainer Di Matteo von seinen Jungs. „Wir müssen die Leidenschaft wiederentdecken. Die Liebe für das Spiel, die Augen des Tigers“, sagte der 41-Jährige.
„Ein 2:0 ist möglich“, sagte Didier Drogba, der Welt- und Europameister Fernando Torres aus der Startelf verdrängt hat. Der 58-Millionen-Euro-Mann aus Spanien bleibt das Sorgenkind bei Chelsea. Nationaltrainer Vincente Del Bosque hat ihn aber nicht abgeschrieben und traut Torres sogar eine Joker-Rolle zu: „Ich glaube, er kann die große Überraschung dieses Spiels werden“, sagte Del Bosque.
Fast schon eine Sensation wäre ein Scheitern des spanischen Tabellenführers Real Madrid. Die Elf der deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Sami Khedira brachte aus dem Hinspiel bei ZSKA Moskau ein 1:1 mit und dürfte sich den Viertelfinal-Einzug vor heimischem Publikum nicht nehmen lassen. Größtes Problem für Trainer José Mourinho: Der Portugiese muss sich beim Sturmpartner für den derzeit überragenden Cristiano Ronaldo zwischen Karim Benzema und Gonzalo Higuain entscheiden. „Mourinho ist ein glücklicher Mann, weil er zwei wunderbare Mittelstürmer zur Auswahl hat“, kommentierte Radio Marca.