Pep-Liebling Thiago gerühmt - „Geboren für solche Spiele“

München (dpa) - Die Bayern-Fans feiern einen neuen Liebling. Begleitet von einem Sturm der Begeisterung verließ Triumphator Thiago Alcântara nach dem Fußball-Spektakel gegen den FC Porto den Rasen.

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Trainer Pep Guardiola applaudierte heftig am Spielfeldrand, dann umarmten sich die früheren Barça-Wegefährten lange und herzlich. „Thiago hat natürliche eine große, große Qualität, aber vor allem hat er seine Mentalität: Er hat ein überragendes Selbstbewusstsein und keine Angst, egal wo wir spielen“, rühmte Guardiola den Mann, den er mit der Forderung „Thiago oder nix!“ 2013 nach München beorderte.

Thiago ließ Bosse, Trainer und Mitspieler am Abend der Superlative schwärmen. Beim 6:1 (5:0) im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Porto erzielte der Fußball-Genius das wegweisende 1:0, dirigierte fortwährend und ragte aus einer grandiosen Bayern-Mannschaft noch heraus. Auch an der Schlusspointe war er beteiligt, als Ivan Marcano nach einem Foul an Thiago Gelb-Rot sah und Xabi Alonso den fälligen Freistoß zum Endstand verwandelte.

„Das ist Weltklasse, was der Bursche darstellt. Er hat unglaubliche Talente“, pries Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Ein Instinktfußballer, etwas Besonderes“, stimmte Sportvorstand Matthias Sammer in den Thiago-Lobgesang ein. Wenn eben nicht die verletzten Idole Franck Ribéry und Arjen Robben die Fans verzücken, wird eben Thiago zum Schwarm der Anhänger - und der Chefs.

„Das ist ein großartiger Tag für die Mannschaft“, erklärte der so lange verletzte Thiago. „Wir können alles schaffen.“ Vor allem aber war es nach drei Innenbandverletzungen im rechten Knie ein großer Tag für Thiago selbst, der vor nicht einmal drei Wochen nach zuvor 371 Tagen Pause sein Comeback gegeben hatte. Sein „neues Leben als Fußballer“, wie er es nannte, läuft gerade so perfekt, als wäre er nie weggewesen.

Mit einem schier unerschütterlichen Selbstverständnis, technischer Finesse und perfekter Regieführung trumpft Thiago groß auf. Druck? Welcher Druck? Davon ist beim furchtlosen Thiago nichts zu spüren. „Wir mögen das, wir sind geboren für solchen Spiele und wir sind stolz, sie zu spielen. Druck ist immer gut“, erklärte Thiago. Das Kopfballtor mit seinen 1,74 Metern gegen einen deutlich größeren Verteidiger fand er dabei natürlich überhaupt nicht ungewöhnlich. „Du kannst es mit dem Hintern machen, du kannst es mit einem Fallrückzieher machen - es ist ein Tor, und das ist das Wichtigste.“

25 Millionen Euro ließen sich die Bayern den großen Pep-Wunsch vor knapp zwei Jahren kosten. Lange brachte das den Münchnern neben einem verletzten Thiago vor allem Ärger ein. Der Mittelfeldzauberer fehlte rund viermal so oft, wie er hätte auflaufen können. Seine heikle Verletzungspause war zudem eine Station auf dem Weg zum Zerwürfnis des Vereins mit dem langjährigen Club-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

Jetzt ist er endlich wieder gesund. „Es wäre schon eine Katastrophe, wenn er jetzt nicht dabei sein würde“, betonte Manuel Neuer den neuen Fixpunkt im Bayern-Spiel. „Er macht das Spiel schnell, sichert den Ball, hat eine überragende Technik und ist ganz wichtig für uns.“

Kaum vorstellbar wie gut Thiago erst sein kann, wenn er körperlich wieder bei hundert Prozent ist und noch mehr Spielrhythmus hat. „Wenn man mal länger verletzt war, kann man ungefähr empfinden, was das für ihn bedeutet“, wies Sammer auf die lange Leidensgeschichte des bis 2017 an den Club gebundenen Thiago hin. „Das wird ihn auch als Mensch weitergebracht haben. So schwer solche Phasen sind, wenn man sie übersteht, geht man als große Persönlichkeit heraus.“ Als eine solche führte Thiago den FC Bayern nun zum bislang größten Saisonsieg.