Polizeigewerkschafts-Chef: „Mund halten“
Düsseldorf (dpa) - Der umstrittene Polizeieinsatz als Reaktion auf die Zuschauer-Tumulte beim Qualifikations-Hinspiel zur Champions League zwischen dem FC Schalke 04 und PAOK Saloniki (1:1) erregt weiter die Gemüter.
„Wir als Deutsche Polizeigewerkschaft stehen voll hinter der Einsatzentscheidung“, schreibt der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt in einem Betrag für die „Sport Bild“. Deshalb kritisierte er die Schalke-Vorstände Horst Heldt und Peter Peters für ihre Äußerungen nach dem Spiel scharf.
„Wenn Herr Heldt und Herr Peters behaupten, der Pfefferspray- und Schlagstock-Einsatz seien unverhältnismäßig gewesen, muss ich sagen: Sie haben gar keine Ahnung und sollten öffentlich erst mal den Mund halten.“ Die Funktionäre säßen auf der Ehrentribüne und würden Canapés essen, während „unsere Leute zwischen den Blöcken stehen und sich ihrer Haut erwehren“ müssten.
Der von Wendt kritisierte Schalker Geschäftsführer Peter Peters mochte sich kurz vor dem Rückspiel in Thessaloniki gegen PAOK zu den Ausführungen der Polizeigewerkschaften nicht groß äußern. „Wir kommentieren das nicht mehr“, sagte Peters am Dienstagabend der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist zu dem Thema alles gesagt. Wir sind in Gesprächen mit der Gelsenkirchener Polizei und der dortigen Einsatzzentrale. Alles wird jetzt vertraulich und gründlich aufgearbeitet“, meinte der Finanzvorstand.
Ähnlich hatte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen geäußert. In einem vom GdP-Landesvorsitzenden Arnold Plickert unterschriebenen Offenen Brief an den Schalker Vorstand heißt es wörtlich: „Glauben Sie wirklich, meinen Kollegen macht es Spaß, in einem voll besetzten Schalker Block einschreiten zu müssen, nur weil der Verein diese Situation nicht in den Griff bekommt?“ Dazu wäre der Verein aber verpflichtet gewesen.
Allerdings sei es zweifelhaft, ob Schalke überhaupt in der Lage gewesen wäre, mit eigenen Sicherheitskräften eine Eskalation der Situation zu verhindern. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir das Ende des Spiels noch erlebt hätten, wenn meine Kollegen nicht eingeschritten wären“, stellt Plickert fest.
Er habe sich gewünscht, „dass Schalke 04 sich öffentlich von den gewalttätigen Angriffen der Ultras distanziert hätte, statt die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes infrage zu stellen“, so Plickert.
Der Kritik der DPolG widersprach Liga-Präsident Reinhard Rauball. „In jedem Fall halte ich es für anmaßend, wenn ein führender Polizei-Gewerkschafter den Verantwortlichen von Schalke 04 den Mund verbieten möchte“, sagte er der „Sport Bild“. Das Management stehe als Veranstalter in der Verantwortung, die Sicherheit zu gewährleisten. „Diese Praktiker kennen sich im Zweifel vor Ort besser aus als ein Gewerkschaftsfunktionär mit Sitz in Berlin“, meinte Rauball.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG) teilte in einer Stellungnahme mit, dass es in keiner Weise nachvollziehbar sei, „welche kausalen Zusammenhänge die vor Ort agierenden Sicherheitskräfte zu solch drastischen Maßnahmen bewogen haben mögen“. Nach zahlreichen Augenzeugenberichten seien die von den Einsatzkräften gewählten Maßnahmen nicht im Ansatz verhältnismäßig und seien deshalb „auf das Schärfste zu verurteilen“.
Die daraufhin von den Polizeiverantwortlichen veröffentlichten Presseerklärungen, die nicht mal im Ansatz auf die durch diesen Einsatz verletzten Personen eingehen, „grenzten an Ignoranz und Respektlosigkeit vor den Betroffenen und deuteten zudem auf Unwillen oder gar Unfähigkeit zur Selbstkritik hin“.
Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen Schalke eingeleitet. Laut Polizeiberichten war das Zeigen eines mazedonischen Banners, das von den griechischen Fans in der Veltins-Arena als Provokation aufgefasst wurde, Auslöser für das Einschreiten der Sicherheitskräfte.