Ribéry wartet auf seine finale Krönung

München (dpa) - Diesmal muss es einfach sein Tag werden. „Ich warte schon sooo lange“, sagte Franck Ribéry kurz vor dem großen Finale gegen Dortmund.

Ohne internationalen Titel ist und bleibt seine Fußball-Karriere auch für ihn unvollendet. Und darum verhehlt der Bundesligastar des FC Bayern München seine Sehnsüchte nicht vor der Kraftprobe mit dem BVB in London. „Es muss klappen am Samstag! Ich habe mit den Bayern alles gewonnen, nur dieser Titel fehlt.“ Die Zeit sei überreif, jetzt mit 30 Jahren, meinte Ribéry: „Wir müssen für diesen Club, diese Fans, diese Mannschaft gewinnen.“

Endspiele waren bislang nicht das Ding von Monsieur Ribéry. 2006 unterlag er bei der Weltmeisterschaft in Deutschland als 23 Jahre alter aufstrebender Jungstar an der Seite des großen Zinédine Zidane sein erstes großes Finale gegen Italien - im Elfmeterschießen. Vier Jahre später brachte sich Ribéry selbst mit einer dummen Roten Karte im Halbfinale um das Champions-League-Endspiel gegen Inter Mailand. Ohne ihren Flügelflitzer verloren die Bayern in Madrid 0:2. „Das war schwer damals“, sagte Ribéry rückblickend.

Schmerzhaft und frisch sind die Erinnerungen an das Elfmeterdrama 2012 im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea. „Das war ein Schock für alle“, bemerkte Ribéry, der damals angeschlagen in der Verlängerung ausgewechselt worden war und hilflos das Drama verfolgen musste. Sein Spiel war es aber auch zuvor wieder nicht gewesen. Aber jetzt, mit 30, fühlt sich der Franzose reif für den großen internationalen Wurf. „Ich muss richtig gut spielen gegen Dortmund.“ Den Anpfiff sehnt er herbei. „Das Adrenalin kommt“, gestand er drei Tage vor Wembley.

Lionel Messi und Cristiano Ronaldo flogen im Halbfinale raus, die große Bühne scheint frei für einen wie ihn, der seine Fähigkeiten in Europa und der Welt immer nur sporadisch aufblitzen lassen konnte. Jetzt wittert er seine Chance, auch für kommende Fußballerwahlen. „Ich muss den Champions-League-Pokal holen. Dann schau mer mal, was danach passiert“, sagte er. Die gewählten bayerischen Töne passen dazu, dass er sich nach sechs Jahren beim FC Bayern absolut heimisch fühlt in München. 2015 läuft sein Vertrag aus, eine Verlängerung wird von ihm und vom Verein angestrebt. Für immer FC Bayern? „Warum nicht“, antwortete Ribéry: „Ich habe ein gutes Gefühl, ja.“

Ribéry ist wohl auf dem Zenit seiner Schaffenskraft. Zehn Tore erzielte er in der abgelaufenen Meistersaison, mit 15 Vorlagen war er zudem der erfolgreichste Vorbereiter der Bundesliga. Das Fachblatt „Kicker“ wies ihn mit einem überragenden Notenschnitt von 2,10 als Top-Spieler aus, klar vor Endspiel-Kontrahent Mario Götze (2,46) und Teamkollege Thomas Müller (2,74). Gegen Dortmunds Verteidiger Lukasz Piszczek jedoch hat er sich stets schwergetan. „Er läuft viel, ist schnell, gegen ihn ist es nicht einfach im Eins-gegen-Eins“, äußerte Ribéry anerkennend über den polnischen Nationalspieler.

Die Anerkennung seiner Mitspieler hat sich der Offensiv-Filou in dieser Saison besonders mit seiner neuen Ernsthaftigkeit in der Defensivarbeit erworben. „Franck hat noch einen Schritt nach vorne gemacht“, äußerte etwa Bastian Schweinsteiger: „Man misst ihn immer an Toren, an seinen Dribblings. Aber für mich ist er am wertvollsten, wenn er auch noch nach hinten arbeitet.“ Das Stadion johle jetzt, „wenn er den Ball klaut und weggrätscht“, bemerkte Schweinsteiger.

Jupp Heynckes sieht es als einen seiner größten Verdienste an, die Offensivkünstler Ribéry und Arjen Robben in die kollektive Abwehrarbeit integriert zu haben. „Franck und Arjen haben früher nie das Umschaltspiel ausüben müssen. Sie merken jetzt, dass das Erfolg bringt“, erläuterte der Trainer. Heynckes preist Ribéry als „Mannschaftsspieler“. Der 68 Jahre alte Coach hat bei dem Franzosen die richtige Form der Ansprache gefunden. „Jupp Heynckes war wichtig für mich, für mein Selbstvertrauen, mein Glück, meinen Spaß auf dem Platz“, sagte Ribéry. Spaß will er auch am Samstag in London haben - während des Spiels und vor allem danach bei der Siegerehrung.