Robben verabreicht Hoeneß Beruhigungspille
München (dpa) - Die 15. Champions-League-Teilnahme der Bayern wird der FC Zürich nicht verhindern. Präsident Hoeneß durchleidet beim 2:0 im Hinspiel dennoch Höllenqualen. Der Erwartungsdruck könnte erdrückend werden.
Erst die Beruhigungspille von Arjen Robben brachte den Blutdruck von Uli Hoeneß wieder unter Kontrolle. Mit hochrotem Kopf hatte der Vereinspräsident bis zum erlösenden 2:0 des Holländers gegen den FC Zürich auf der Tribüne Tobsuchtsanfälle gekriegt, weil „seine“ Bayern im mindestens 20 Millionen Euro wertvollen ersten Zulassungsspiel zur Champions League zeitweise den Elan vermissen ließen und vor allem verschwenderisch mit ihren Chancen umgingen.
„Wir hätten schon 3:0 oder 4:0 gewinnen müssen“, kommentierte Bastian Schweinsteiger, der nach einer Robben-Flanke per Kopf früh das 1:0 vorgelegt hatte (8. Minute). Danach dauerte es bis zur 72. Minute, ehe Robben mit seinem „goldenen“ linken Fuß einnetzte.
Das Leichtgewicht FC Zürich wird die 15. Königsklassen-Teilnahme der Bayern nicht verhindern. Auch wenn Mario Gomez, der mit seinem spektakulärsten Fehlschuss in der 51. Minute Hoeneß ganz besonders in Wallung versetzt hatte, mahnte: „Noch sind wir nicht durch.“ Einen Funken Spannung hat die Münchner Torbescheidenheit dem Rückspiel am kommenden Dienstag in der Schweiz erhalten - mehr nicht. „2:0 ist okay, damit können wir leben“, erklärte Karl-Heinz Rummenigge.
An Hoeneß' dünnem Nervenkostüm in einem Spiel gegen einen harmlosen Gegner lässt sich jedoch ablesen, welcher Überdruck sich beim FC Bayern schon früh in der Saison aufgebaut hat. Entsprechend grotesk gestaltete sich das Verwirrspiel um einen Halbzeitbesuch des unzufriedenen Hoeneß im Kabinentrakt der Arena, den unter anderem Vorstandsboss Rummenigge heftig dementierte, Augenzeuge Robben aber mit „einfach Emotion“ beschrieb. „Bei uns ist die Kabine größer als ein Raum“, erläuterte Kapitän Philipp Lahm diplomatisch.
Widersprüchlich fiel auch die Einordnung der Darbietung auf dem Rasen aus. „Heute war es endlich so, wie wir uns das vorstellen. Defensiv haben wir nichts zugelassen und trotzdem in der Offensive schnell nach vorne gespielt und den Gegner unter Druck gesetzt. Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Abwehrspieler Lahm. Konträr urteilte Angreifer Robben: „Wenn wir so weitermachen, wird es schwierig diese Saison“, orakelte der niederländische Nationalspieler.
Robben beklagte zu „viele Fehler“ und vermisst Aggressivität im Spiel nach vorne. „Wir brauchen mehr Leidenschaft.“ Vielleicht lag seine düstere Analyse aber auch an der eigenen Befindlichkeit. Ihn quälten 90 Minuten lang Rückenschmerzen. „Es hat wenig Spaß gemacht“, stöhnte er, „froh“ war er allein über sein Tor und die Vorlage zum 1:0. Die ständigen Blessuren nerven ihn: „So ist es schwierig zu spielen. Ich hoffe, dass es physisch jetzt schnell besser geht.“
Es muss, denn die Bayern leben in der Offensive von ihrer gefürchtete Flügelzange Robben/Ribéry. Dazu benötigen sie einen wieder treffsicheren Gomez, der noch den Lauf der Vorsaison sucht: „Die Tore werden kommen, das weiß ich“, versicherte der Torjäger.
Geduld fordert auch Jupp Heynckes - aber niemand mag sie ihm geben. „Wir haben eine enorme Erwartungshaltung an die Mannschaft“, erklärte Sportdirektor Christian Nerlinger. Die titellose Vorsaison, die Lobeshymnen auf Meister Dortmund und schon 36 Spieltage ohne Tabellenführung in der Bundesliga - das zehrt an den Nerven.
Hinzu kommt das Champions-League-Finale 2012 im eigenen Stadion, das Ansporn, aber auch Belastung ist. „Ich möchte keine Prognose abgeben, wann wir wieder so spielen, wie wir uns das alle wünschen“, erklärte Heynckes. Zürich war ein Aufbaugegner, der Hamburger SV könnte am Samstag der nächste sein. „Da wollen wir den ersten Heimsieg in der Liga einfahren“, sagte Manuel Neuer. Dann könnte selbst Hoeneß ohne erhöhtes Herzklopfen nach Zürich reisen.