Stevens-Lob für „beste 17 Minuten der Saison“
Gelsenkirchen (dpa) - Huub Stevens war zum Granteln einfach zu gut aufgelegt. „In den ersten 17 Minuten haben wir den besten Fußball der Saison gespielt“, lobte der knorrige Trainer des FC Schalke 04 nach der gelungenen Aufholjagd seiner „Jongens“ und dem 2:2 (1:2) gegen den FC Arsenal.
Stevens ließ sich selbst durch kritisches Nachfragen zum Rest der Spielzeit nicht die Laune verderben. „Geh' mir weg mit den letzten 73 Minuten - dann hast du keine Ahnung vom Fußball. Auch in der zweiten Hälfte haben wir super gespielt“, knurrte der Niederländer Richtung Medienvertreter - aber mit einem Augenzwinkern.
Zum vollendeten Glück fehlte den Königsblauen im Champions-League-Heimspiel gegen Podolski und Co. nur das Siegtor. Aber vermutlich wäre dies des Guten zuviel gewesen nach dem 0:2-Rückstand, der die famose Gesamtleistung trübte und eigentlich überflüssig war wie sonst was. „Wir haben aus dem Nichts zwei unnötige Gegentore bekommen“, erkannte Manager Horst Heldt zurecht.
Das 0:1 durch Theo Walcott in der 18. Minute leitete Roman Neustädter ein, indem er per Hinterkopf-Bogenlampe Innenverteidiger Joel Matip überraschte und den Ball „perfekt“ in den Lauf des englischen Nationalspielers bugsierte. Das ebenso überraschende 0:2 acht Minuten später fiel, weil sich der Sekunden zuvor für den verletzten Rechtsverteidiger Atsuto Uchida eingewechselte Marco Höger noch nicht orientiert hatte und Lukas Podolski eine maßgerechte Flanke auf den Kopf des heranstürmenden Olivier Giroud gestattete. „Da waren wir noch in der Schockstarre“, befand Heldt.
Neustädter, der bisher eine famose Saison auf Schalke spielt und aus dem Team kaum wegzudenken ist, entschuldigte sich für seinen Fauxpas sogar bei den Mitspielern. „Das 0:1 muss ich auf meine Kappe nehmen. Es tut mir leid, dass ich die Mannschaft damit aus dem Tritt gebracht habe“, erklärte der Ex-Gladbacher kleinlaut.
Doch in Sack und Asche gehen musste er gar nicht. Denn Stevens war milde gestimmt, weil sein Team danach nicht nur eine spielerische Glanzleistung bot, sondern auch die Ärmel aufkrempelte, um das drohende Unheil abzuwenden. „Da liegen wir plötzlich mit 0:2 hinten. Aber den Schock haben wir gut verdaut und Moral gezeigt“, lobte der 58-Jährige.
Alle waren sich einig, dass Klaas-Jan Huntelaars viertes Tor im vierten „Königsklassen“-Spiel kurz vor der Pause die Wende zum Guten ermöglichte. „Wir konnten uns in der Kabine sammeln und auf die zweiten 45 Minuten konzentrieren“, sagte Kapitän Benedikt Höwedes. Selbst Gäste-Coach Arsène Wenger war beeindruckt. „Schalke gibt nie auf“, stellte er anerkennend fest. „Sie haben sehr stark gespielt.“
Der im Elsass geborene Arsenal-Gentleman war angesichts des verdienten Ausgleichs von Jefferson Farfán (67.) und weiterer Schalker Großchancen am Ende genauso froh über das 2:2 wie Stevens. „Denn“, so der Schalke-Trainer, „in der letzten Minute kannst du sogar noch verlieren.“ Damit bezog er sich auf die Riesenchance Sekunden vor Schluss des hochkarätigen Duells, als Walcott allein auf Torhüter Lars Unnerstall zulief und den Schalke-Fans unter den 54 142 Gästen der Atem stockte. Doch Walcott traf nur das Bein des Keepers.
Heldt gab zu, auch ihm sei in der Szene „das Herz in die Hose gerutscht“. Immerhin war es ein willkommener Anlass, den zuletzt umstrittenen Unsicherheitsfaktor Unnerstall einmal ausdrücklich zu loben. „Da ist er cool geblieben und hat klasse reagiert“, sagte Heldt. „Lars hat uns gerettet“, befand auch Lewis Holtby. Unnerstall, der im Konkurrenzkampf mit Timo Hildebrand ständig auf Bewährung spielt, war heilfroh, dass „ich der Mannschaft heute helfen konnte“.
Das Remis eröffnet Spitzenreiter Schalke (8 Punkte) und Arsenal (7) die Möglichkeit, in der Gruppe B aus eigener Kraft das Achtelfinale perfekt zu machen. Die Entscheidung kann schon am vorletzten Spieltag in zwei Wochen fallen, falls der Revierclub daheim Olympiakos Piräus (6) und Arsenal in London Montpellier HSC schlägt. „Wir haben genügend Matchbälle“, sagte Heldt.