Bayern-Frust Ärger über Zwayer - Referee bei WM wieder im Video-Fokus
Berlin (dpa) — Nach dem Bayern-Ärger über den versagten Elfmeter steht Schiedsrichter Felix Zwayer bei der WM in einem Monat schon wieder im Fokus.
Als einer von 13 Unparteiischen ist der 37-Jährige bei der Fußball-Weltmeisterschaft ausgerechnet als Video-Schiedsrichter im Einsatz - und dürfte sich weniger Aufregung als an seinem Geburtstag beim DFB-Pokalfinale wünschen. Dass er in der Nachspielzeit auch nach Studium der Bilder nicht auf Foul von Frankfurts Kevin-Prince Boateng an Javi Martinez erkannte, erzürnte die Münchner und erleichterte den Sensationssieger.
„Ich treffe ihn, wenn er Elfmeter gibt, kann ich mich nicht beschweren“, gestand Boateng mit hoch geschobener Sonnenbrille in den Katakomben des Berliner Olympiastadions. „Natürlich habe ich da gezittert.“ Und Eintracht-Keeper Lukas Hradecky wollte sich gar beim Referee bedanken. „Wenn ich den Felix sehe, dann biete ich ihm ein Bier an“, scherzte der Finne.
In der Nachspielzeit hatten beim Stand von 2:1 für die Hessen eigentlich alle Beteiligten mit einem nachträglichen Strafstoßpfiff gerechnet. Obwohl Zwayer die Szene noch einmal am Spielfeldrand betrachtete, entschied der FIFA-Schiedsrichter allerdings auf Eckstoß. „Das ist ein Elfmeter, der muss klar sein. Jeder, der das sieht, kann das bestätigen“, kritisierte Bayerns Thomas Müller nach der 1:3-Niederlage des Rekordchampions. „Wenn ich schon die Möglichkeit habe, mir das anzuschauen, dann gibt's eigentlich keinen Diskussionsstoff.“
Auch Ex-Schiedsrichter Peter Gagelmann wertete dies als falsche Entscheidung. „Das ist sehr schade, weil er das Spiel mit seinem Team fantastisch geleitet hat. Manchmal hängt man an einer Entscheidung, da sieht man dann alt aus“, sagte Gagelmann bei Sky. Er kritisierte, dass aus seiner Sicht Zwayer nur Zeitlupen- und Stand-Bilder gezeigt worden seien und keine Aufnahmen in Realzeit. Negative Auswirkungen auf den WM-Einsatz sieht Gagelsmann aber nicht: „Jedes Spiel ist ein Lernprozess, das wird ihn natürlich schulen für die WM.“
Dass der Videobeweis die Debatten über Schiedsrichter keinesfalls beendet hat, sondern bis zum Schluss sogar anheizte, steht sinnbildlich für eine Premierensaison mit vielen korrekt korrigierten Entscheidungen, aber auch Schwierigkeiten. Technische Probleme verhinderten zu Beginn den Einsatz über 90 Minuten, nach dem Start korrigierte der DFB kurzzeitig ohne öffentliche Information die Maßgaben für die Referees. Noch immer fehlt die flächendeckende Rückendeckung. „Den Videobeweis kann man noch deutlicher überdenken, als man es vielleicht eh schon tut“, monierte Mats Hummels.
Auch in anderen Ländern gab es Aufsehen. In Australien wurde die Meisterschaft durch ein Abseitstor entschieden, dass aufgrund ausgefallener Technik nicht aufgeklärt werden konnte. In Belgien konnte zuletzt ein Spiel erst mit 15 Minuten Verspätung angepfiffen werden, weil das System nicht bereit war. „Es ist eine Technologie. Es kann versagen“, sagte Johannes Holzmüller, Leiter der Technologie-Innovation bei der FIFA vor knapp zwei Wochen.
Dennoch zeigt sich der Weltverband zuversichtlich für die WM in Russland vom 14. Juni bis 15. Juli. Vollständige Aufklärung sei dabei auch nicht möglich, betonte Schiedsrichter-Chef Massimo Busacca: „Nur eine Entscheidung bei der nächsten WM ist genug, um zu sagen: Es war gut, dass wir den Videobeweis eingeführt haben. Das Ziel ist nicht, dass wir zu 100 Prozent richtige Entscheidungen erreichen, sondern dass wir einen Skandal verhindern.“
Zwayer ist bei der WM wie auch Bastian Dankert als Videoreferee eingeplant. „Die Verantwortung, die dort zu tragen ist, ist enorm und ich bin sehr froh, dass ich das deutsche Team um Felix Brych und meine Schiedsrichter-Kollegen aus aller Welt in Russland unterstützen darf“, hatte Zwayer vor dem Pokalendspiel gesagt. „Die Spannung bei mir bleibt also ganz sicher auch über das Pokalfinale hinaus bestehen.“ Nach dem Finale gab es zunächst keine Reaktion von Zwayer.