Dortmund beklagt Tor-Klau - Zorc: „Keiner weiß warum“

Berlin (dpa) - Zu Beginn der „Schwarzgelben Nacht“ glich das Berliner „Kraftwerk“ einer Trauerhalle. Den meisten Gästen von Borussia Dortmund in der stylischen Location war nach dem 0:2 ihres Teams im Pokalfinale nicht nach Feiern zumute.

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Erst die aufmunternden Worte von Hans-Joachim Watzke zu fortgeschrittener Stunde lockerten die Stimmung ein wenig auf. „Ohne zu viel zu versprechen: Das war nicht das letzte Finale, was wir gegen die Bayern gespielt haben. Die werden uns nicht los“, tönte der BVB-Geschäftsführer - und sprach den Besuchern für den Rest der Nacht eine Empfehlung aus: „Ich hoffe, dass ihr euch den Schmerz über die Niederlage ein bisschen wegsauft.“

Nur wenige Minuten später griff auch Jürgen Klopp zum Mikrofon und schlüpfte in die Rolle des Seelentrösters. „Wenn mir heute Abend noch einer sagt 'schade', dem haue ich das Glas aus der Hand.“ Begleitet vom Applaus der Besucher stellte er einen neuerlichen Angriff auf die Vormachtstellung der Münchner in Aussicht: „Alles wird gut. Ihr müsst euch keine Gedanken machen. Im nächsten Jahr holen wir uns einige Jungs dazu.“ En passant verordnete er seinen mit auf der Bühne stehenden geknickten Profis mehr Partylaune: „Wie doof wären wir, wenn wir jetzt nach zehn Monaten harter Arbeit alles über den Haufen werfen - wegen eines Spieles, das wir nicht allein verbockt haben.“

Diese rhetorische Spitze konnte sich der Fußball-Lehrer auch rund drei Stunden nach dem Abpfiff nicht verkneifen. Denn der Frust über den nicht gegebenen Treffer von Mats Hummels zum möglichen 1:0 der Borussia in der 64. Minute der Partie saß noch immer tief. Wie TV-Bilder zu beweisen scheinen, klärte der Münchner Abwehrspieler Dante den Kopfball des deutschen Nationalspielers hinter der Linie.

Der Fauxpas von Schiedsrichter Florian Meyer veranlasste Klopp zu sarkastischen Kommentaren. „Wenn Dante es geschafft hätte, die Szene vor der Linie zu klären, obwohl er mit dem Standbein auf der Linie und mit dem anderen Bein dahinter stand, könnte er mit der Nummer im Cirque du Soleil auftreten.“ Verärgert monierte Klopp das Fehlen eines Torrichters: „Wenn sie irgendwo in Sibirien spielen, dann stehen da fünf Mann auf der Torlinie. Aber beim Pokalfinale des größten Verbands der Welt gar keiner.“

Nur wenige Wochen nach der Entscheidung aller 36 deutschen Proficlubs, auf die Einführung der Torlinien-Technologie vorerst zu verzichten, wird in Fußball-Deutschland wieder heftig über das Thema diskutiert. „Hauptsache, wir votieren alle dagegen und keiner weiß warum. Das ist nicht nachvollziehbar“, lamentierte Michael Zorc.

Wie der BVB-Sportdirektor forderte auch Abwehrspieler Marcel Schmelzer alle Beteiligten zum Umdenken auf: „Jeder, der dagegen gestimmt hat, müsste das mal erleben, wie es sich anfühlt, wenn man einen wichtigen Erfolg dadurch nicht bekommt.“ Wie die Bayern hatten auch die Dortmunder für die Einführung des Hilfsmittels votiert, sich aber dem Votum der Vereine fügen müssen, die sich vor allem aufgrund der hohen Kosten dagegen ausgesprochen hatten. Aus seiner Verägerung machte Zorc keinen Hehl: „Wenn einem in solch einem wichtigen Spiel ein reguläres Tor nicht anerkannt wird, hat das einen bitteren Beigeschmack.“

Ein anderes Votum bei der Abstimmung im März hätte dem BVB aber am Samstag auch nichts gebracht. „Selbst wenn die Entscheidung pro Technik ausgefallen wäre, hätten wir sie heute noch nicht gehabt“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Schiedsrichter Meyer rechtfertigte indes seine Entscheidung. „Im realen Ablauf war es sowohl für meinen Assistenten als auch für mich nicht zweifelsfrei erkennbar, ob der Ball die Torlinie vollständig überschritten hat oder nicht“, zitierte der Deutsche Fußball-Bund den Referee in einer Mitteilung vom Sonntag.

Gut möglich, dass die Partie ohne die vermeintliche Fehlentscheidung des Unparteiischen einen anderen Lauf genommen hätte. Doch bei allem Ärger über die Szene übten die Borussen auch Selbstkritik. „Wir haben nicht die Topform gezeigt“, bekannte Hummels. Ähnlich kommentierte Trainer Klopp die suboptimale Vorstellung seiner Profis, die zu selten Antworten auf die taktischen Kniffe von Bayern-Coach Pep Guardiola fanden: „In der 1. Halbzeit habe ich nicht so wahnsinnig viel vom dem gesehen, was ich sehen wollte.“

Nur ein Jahr nach dem 1:2 im Champions-League-Finale von London erlebte der BVB ein Déjà-vu und verpasste erneut die letzte Saisonchance auf eine wichtige Trophäe. Trotzig kündigte Hummels noch in der Nacht via Facebook ein baldiges Ende der Durststrecke an: „Nächstes Jahr gibt es wieder nen Titel. Ich weiß nicht welchen, aber es gibt nen Titel.“