Freiburgs fabelhafter Streich
Karlsruhe (dpa) - Wer für Christian Streich der Trainer des Jahres ist? Der Coach des SC Freiburg reißt die Augen auf und schüttelt den Kopf. „Den gibt's nicht“, sagt er und denkt kurz nach: „Alle Trainer, die arbeiten und fleißig sind.
Trainer des Jahres sind alle die, die Trainer sind.“
Für viele Fußballfans war der eigenwillige 47-Jährige 2012 der Größte auf einer Bundesliga-Bank. Trotz Jürgen Klopp, der mit Borussia Dortmund das Double gewonnen und in der Champions League begeistert hat. Und trotz Armin Veh, der mit Aufsteiger Eintracht Frankfurt eine sensationelle Hinrunde hingelegt hat.
Das Ende des Fußballjahres erlebte Streich - nicht ganz untypisch - auf der Tribüne mit. Er hatte mal wieder so an der Außenlinie getobt, dass es Schiedsrichter Jochen Drees zu bunt wurde. Der SC-Coach musste auch lange um dem Sieg bangen: Mit einem 1:0 (1:0) im badischen Derby beim Karlsruher SC zog Freiburg ins DFB-Pokal-Viertelfinale ein und krönte damit ein großartiges Jahr.
Streich fand es „ein bisschen schade“, dass er die Schlussminuten mitten zwischen KSC-Fans erleben musste und fühlte sich mal wieder als „Projektionsfläche“ der Referees. Ob er jetzt endgültig um seinen Ruf bei den Unparteiischen fürchten muss? „Ich komme in gar keinen Ruf - höchstens, Sie fördern diesen Ruf“, sagt er zu einem Journalisten. „Ich hab ja nichts gesagt. Ich hab vielleicht gesagt: Foul.“
Seine sportliche Reputation hingegen könnte besser nicht sein: Am 29. Dezember 2011 hatte der bisherige A-Jugend- und Co-Trainer das Profiteam im Breisgau übernommen - als Tabellenletzter mit fünf Punkten Rückstand auf das rettende Ufer. 27 Zähler kamen in der Rückrunde hinzu, als Tabellenzwölfter beendete Streich seine erste Saison als Bundesliga-Coach. Nach der Hinrunde 2012/2013 liegen die Freiburger als Fünfter auf einem Europa-League-Platz. „26 Punkte in der Liga - wir haben den Leuten immer wieder Freude gemacht, das ist nach wie vor das Wichtigste“, sagt Streich bei der Pressekonferenz nach dem Spiel in Karlsruhe.
„So ein Hype im Fußball!“, erzählt Streich. „Es ist wahnsinnig toll, Trainer zu sein. Aber es ist auch wahnsinnig anstrengend.“ Kaum vorzustellen, dass dieses HB-Männchen jetzt in der Winterpause so schnell wieder runterkommt. „Ich hoffe, sehr schnell.“ Am 2. Januar ist Trainingsauftakt beim Sportclub und für seinen Vorarbeiter.
„Ich komme schnell runter, das glauben Sie vielleicht nicht. Ich brauche nur ein paar andere Häuser und ein paar andere Menschen sehen, andere Architektur, andere Sprache“, erklärt Streich. „Dann denke ich nicht mehr an Fußball, das glauben Sie vielleicht nicht.“ Er werde sich einfach ins Auto hocken und schnell in die „Schwyz“ fahren oder nach Frankreich, Käse kaufen zum Beispiel.
Freiburgs Klasse-Trainer freut sich darauf, „jetzt mal ein paar andere Dinge zu tun, als Gegner zu studieren und den ganzen Tag zu reden. Wir haben ein bisschen was geleistet, das Ganze lass ich jetzt mal sacken. Und ich werde schauen, dass die Gans nicht zu lange im Ofen ist.“
Und der Traum vom Pokalfinale? Strich zuckt die Schultern. „Ich durfte ja schon in Berlin sein, mit unseren Jungs von der Freiburger Fußballschule.“ Mit der A-Jugend des SC gewann er 2006 das Finale mit 4:1 - gegen den KSC unter seinem heutigen Trainer Markus Kauczinski. So klein ist manchmal die große deutsche Fußball-Welt, in der Christian Streich 2012 einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.