Fünf „Watschn“ für die Bayern

Berlin (dpa) - Weit nach Mitternacht wirkten die Bayern-Bosse nach dem Final-Fiasko ein bisschen einsam inmitten des großen Bankettsaals.

Im Dämmerlicht des festlich dekorierten Raumes, in dem sonst bei rauschenden Pokal-Partys traditionell der Pott herumgereicht wird, hatten sich die gedemütigten Spieler diesmal rasch ins Bett verabschiedet. Keine Meisterschale, kein DFB-Pokal - und mit einem Auftritt wie bei der Schmach gegen Borussia Dortmund wird es auch im Heim-Finale der Champions League am Samstag gegen den FC Chelsea keinen Titel geben.

„Jedes Tor der Dortmunder, das wir da erlebt haben, ist wie so eine Watschn“, schilderte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge seine Empfindungen an einem der bittersten DFB-Pokal-Abende in der glorreichen Vereinshistorie. „Wenn man 2:5 verliert, ist das kein Zufall, dann ist das auch nicht Pech, sondern - man muss es klar und deutlich sagen - eine Blamage.“ Diese war nach dem Schlusspfiff den vom BVB-Anhang verhöhnten Bayern-Profis deutlich anzusehen, als sie abseits der Dortmunder Freudentänze mit hängenden Köpfen zu ihren Fans und später zur Siegerehrung schlichen.

Nun müssen die Münchner die Saison mit dem Coup im Heim-Finale retten. Auch wenn Bundestrainer Joachim Löw den Bayern eine „riesen Reaktion“ und einen Titel zutraut - beim Blick auf die Defensivleistung von Berlin wird es einem Angst und Bange vor dem Duell gegen Didier Drogba und Fernando Torres. „Wir müssen uns kritisch hinterfragen und am nächsten Samstag sofort korrigieren, was wir uns heute Abend eingebrockt haben“, appellierte Rummenigge an die Mannschaft, die noch den größten Titel gewinnen kann. „Ich hoffe, dass wir aus dem heutigen Spiel die richtigen Lehren ziehen und dann hoffentlich einen Abend erleben, an dem wir dann nach dem Abpfiff, glücklicher, zufriedener und auch stolzer sind als das wahrscheinlich heute Abend der Fall ist.“

Zwar mochte es bei Kalbsrücken, Thunfischtatar und anderen Leckereien in der Dependance des Hauptsponsors keiner aussprechen, aber die Saison könnte für die Münchner so enden wie die für Bayer Leverkusen im Jahr 2002. Drei Titelchancen hatten Michael Ballack & Co., am Ende gingen die Vizekusener leer aus. „Wir müssen alles dafür tun, am Samstag das Finale zu gewinnen“, forderte Bastian Schweinsteiger. „Ich weiß noch nichts von einem Schwur von Berlin, aber wir haben eine sehr große Chance, was Historisches zu schaffen.“

Der historische Sieg „dahoam“ würde alles überstrahlen, aber national kann die Rangordnung erst in der neuen Saison wieder hergestellt werden. Insgesamt sind es nunmehr fünf Niederlagen nacheinander gegen die Borussia, drei Titel gingen zuletzt an den Rivalen aus Westfalen, für die Bayern gibt es einfach kein Rezept gegen Klopps Kicker. „Wir müssen akzeptieren, dass wir eben eine Mannschaft in dieser Republik haben, die im Moment national über uns steht“, musste Rummenigge kleinlaut einräumen. „Das muss man dann respektieren, akzeptieren und versuchen vielleicht in naher Zukunft wieder zu korrigieren.“

Erst einmal muss aber eine Korrektur des Saison-Ausgangs her. „Man hat noch eine Chance, aber wenn man so spielt wie heute, wird man auch die Champions League nicht gewinnen“, schwante Ehrenpräsident Franz Beckenbauer nach einer „peinlichen“ Niederlage im ersten Moment Böses. Fünf Gegentore in einem Spiel - das musste der FC Bayern zuletzt in der Klinsmann-Amtszeit hinnehmen.

Zwar konnten die Münchner immer wieder für die geliebte Königsklasse Top-Leistungen abrufen, aber kann man eine Demütigung wie die durch die Borussia einfach abschütteln? „Wenn du den Pokal in der Hand gehabt hättest, dann hättest du das mitnehmen können, das wäre gut für die Stimmung und die eigene mentale Befindlichkeit gewesen“, erklärte Ex-Kapitän Oliver Kahn beim Bankett. „Jetzt hängt es schon ein bisschen drin in den Kleidern.“ Er hofft, dass die einmalige Chance die Bayern-Profis gegen den FC Chelsea nun beflügelt. „Dieses Finale schlägt alles, was bisher dagewesen ist und dann kann man Dortmund ruhig Meister und Pokalsieger werden lassen.“