Jubel um Draxler: Jungstar verzaubert Schalke
Gelsenkirchen (dpa) - Erst sank er auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht, dann wurde Julian Draxler vom Teamkollegen Kyriakos Papadopoulos auf Schultern durch die Arena getragen. Mit seinem Tor in der 119. Minute zum 3:2-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg schoss der Joker Schalke ins Halbfinale.
„Ich habe immer davon geträumt, hier zu spielen. Dann komme ich rein und mache sogar das Tor. Das ist unglaublich“, schwärmte der 17 Jahre alte Pokalheld des FC Schalke 04, danach musste er gar gegen die Tränen kämpfen. Im anschließenden Interview-Marathon fand er schnell die passenden Worte: „Das Tor habe ich aus dem Instinkt heraus gemacht. Erst wusste ich nicht, wie ich das verarbeiten sollte.“
Felix Magath, der das Supertalent erst in der 116. Minute eingewechselt hatte, sagt dem Youngster eine große Karriere voraus. „Julian ist ein toller Junge, hat großen Zug zum Tor. Er wird in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten in den ersten Ligen spielen“, prophezeite Schalkes Trainer, der das „außergewöhnliche“ und umworbene Mittelfeldtalent erst vor wenigen Tagen mit einem Profi- Vertrag bis 2014 ausstattete. Dieser wird aber erst an Draxlers 18. Geburtstag, am 20. September wirksam.
Im Wintertrainingslager in der Türkei hatte der U 18- Nationalspieler überzeugt und bereits als viertjüngster Bundesliga- Debütant im Alter von 17 Jahren und 117 Tagen zum Rückrundenauftakt gegen den Hamburger SV Geschichte geschrieben. Beim 1:0 in Hannover stand der ehemalige A-Jugendliche erstmals in der Startelf. Mit seinem dritten Profi-Einsatz schoss er sich endgültig ins Rampenlicht, sicherte dem klammen Revierclub eine Millionen-Einnahme, die Aussicht auf den fünften Pokalsieg und die Europa-League- Qualifikation. „Wir wollen ins Finale“, stellte Magath klar.
Draxlers Karriere verläuft im ICE-Tempo. Erinnerungen werden wach an Olaf Thon, dessen Stern im Mai 1984 beim legendären 6:6 im Pokal- Halbfinale gegen Bayern München aufging. Seinerzeit erzielte Thon einen Tag nach seinem 18. Geburtstag mit seinem dritten Tor den Ausgleich in der Nachspielzeit.
Beim Training tummelten sich mehr Kamerateams als sonst in Gelsenkirchen. Magath teilt die Sorge, dass der Rummel für Draxler zu groß werden könnte. „Aber Julian ist klar im Kopf. Ich hoffe, dass er vorbereitet ist auf das, was auf ihn zukommt.“ Benedikt Höwedes hat da keine Zweifel. „Wir werden schon aufpassen, dass er nicht abhebt. Aber Julian ist ein bodenständiger Junge.“
Seine Schullaufbahn hat Draxler (11. Klasse) auf Anraten Magaths zumindest vorläufig ad acta gelegt. „Erstmal für ein halbes Jahr, mal schauen wie es läuft“, betonte der Schüler, der bis zum Jahresende noch das Gymnasium in seiner Heimatstadt Gladbeck besuchte. In zwei Gesprächen, so Magath, habe er die Eltern überzeugen können, dass es besser sei, wenn Julian sich ganz auf den Fußball konzentriert. „Die Entscheidung hat die Familie nur mit Mühe getroffen“, räumte der Trainer ein. Aber er findet: „In 15 oder 20 Jahren braucht er kein Abitur mehr.“ Notfalls könne er es nachholen. Eine Meinung, die nicht jeder teilen muss.
Während Schalke den jungen Helden feierte, trat Nürnberg deprimiert die Heimreise an. Dabei stellte der „Club“ zunächst das bessere Team, ging durch U 21-Nationalspieler Julian Schieber (4./32.) sogar zweimal in Führung. Doch Mario Gavranovic (14.) und der wechselwillige Ivan Rakitic (58.) sorgten für die Verlängerung. Dann kam Draxler und stahl allen die Schau. „Es ist schon bitter, so auszuscheiden“, sagte Nürnbergs Trainer Dieter Hecking.