Pokal-Halbfinale Klopps letzte Lehrstunde
Zwischen Weltuntergang und neuer Romantik: Wie Dortmunds Trainer an der Sensation in München arbeitet.
Dortmund. Der Fußball hält noch eine Schlusspointe bereit, und weil die Meisterschaft bei 37 Punkten Distanz zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund dazu nicht mehr taugt, ist es nun eben der DFB-Pokal. Ein Spiel, 90 bis 120 Minuten, eine Entscheidung. „Finale“ nennt Jürgen Klopp das, dabei ist es Dienstag in München (20.30 Uhr/ARD) ein Halbfinale, aber das ist jetzt gerade auch egal.
Alle Emotionen sind noch einmal freigesetzt: Klopp, der in wenigen Spielen BVB-Geschichte ist und es dem Kontrahenten in einem letzten Akt noch einmal zeigen kann. Der es geschafft hat, durch seinen angekündigten Abschied den fiesen Grauschleier zu entfernen und wieder die eigens geschaffene BVB-DNA hervorzukehren: Zusammenhalten, maximaler Einsatz, Freude am Tun, Wissen um die Verpflichtung.
„Unser Trainer soll den Verein mit einer Trophäe und einem guten Gefühl verlassen“, sagte Torhüter Mitch Langerak Montag, der den verletzten Roman Weidenfeller vertritt. Offenbar hat Klopp etwas losgetreten in Dortmund, was nur kurz, dafür aber extrem folgenreich verschütt gegangen war: ganz viel Romantik und mindestens den Glauben daran, dass 37 Punkte Distanz jetzt keine Rolle mehr spielen. „In allen Spielen, in denen wir unseren Plan mutig durchgezogen haben, waren wir ein unangenehmer Gegner“, sagt Klopp. Und Mats Hummels, sein Verteidiger, sagt: „Wenn man die Qualitäten hat, die wir im Kader haben, dann kann man dieses Spiel gewinnen.“
Während die Gerüchte um den Neuaufbau mit Klopp-Nachfolger Thomas Tuchel, dessen Assistenten, vielen neuen und wenig altbekannten Spielern ins Kraut schießen, hat Klopp es auf geschickte Weise geschafft, seine letzten Meter im Verein zu zelebrieren. Und die Lust auf den Moment all jenen zu vermitteln, die zuletzt nicht mehr in altbekannter Einheit hinter diesem Trainer gestanden haben. Klopp sagt das so: „Wir haben keine Endzeitstimmung. Wir genießen die Zeit zusammen.“
Dazu gehört, sich von den Bayern, die mit mancher Charmeattacke ein künftiges Arbeitsverhältnis mit dem Trainer-Berserker vorzubereiten scheinen, jetzt nicht einlullen zu lassen. Einen Blumenstrauß zum Abschied aus der Bayern-Gärtnerei lehnte er konsequent ab, „weil ich durchaus vorhabe, weiter zu arbeiten.“
Dazu gehört auch, dass in Dortmund offenbar alle Verletzungen Geschichte sind. „Anscheinend wollen alle dabei sein“, sagte Klopp am Montag, weil sich in Ilkay Gündogan und Marco Reus wichtige Stammkräfte zurückmeldeten. Selbst Routinier Sebastian Kehl, der mit seinem Tor gegen Hoffenheim im Viertelfinale erst dieses vermeintliche „Finale“ möglich machte, zählt nach seinem Rippenbruch wieder zum Kader. Kehl geht am Ende der Saison auch. Wenn schon Abschied, dann mit Knalleffekt. Irgendwie würde das zu dieser BVB-Ära passen.