Unheimliche Bayern schalten in Barça-Modus

München (dpa) - Nach dem Sturmlauf in ihr 19. Pokalfinale konnten die unheimlichen Bayern endlich mit ungebremster Vorfreude in den Champions-League-Modus umschalten.

Der Endspielgegner am 1. Juni im Berliner Olympiastadion interessierte die Meisterspieler um den strahlenden Hattrickschützen Mario Gomez nach der 6:1-Torgala gegen einen am Ende kopflosen VfL Wolfsburg nur am Rande, seit Dienstagnacht dreht sich in München alles nur noch um Barça und die zweimalige Herkulesaufgabe gegen Fußball-Weltstar Lionel Messi.

„Das gibt uns noch mal einen Schub für Barcelona. Deren Spion im Stadion hat sicherlich ein sehr gutes Team vom FC Bayern gesehen“, verkündete mit breiter Brust Xherdan Shaqiri, der im Pokal-Halbfinale ein perfektes Double des gesperrten Franck Ribéry abgab. Der Erfolgs- und Titelhunger der Münchner Seriensieger ist noch lange nicht gestillt: „Wir haben die Meisterschaft schon sicher. Jetzt wollen wir auch den DFB-Pokal haben. Und auch in der Champions League wollen wir ins Finale kommen“, umriss der kleine Kraftprotz Shaqiri die Ziele.

Die 71 000 Besucher in der ausverkauften Arena konnten sich wieder an sechs Toren berauschen, die auch den Präsidenten auf der Tribüne aus dem Schalensitz rissen. „Die Zuschauer sind total begeistert. Die Stimmung im Stadion wird allmählich unglaublich, unheimlich“, schwärmte Uli Hoeneß. Die Bayern 2013, das sei „fast Perfektion“.

Gegen Wolfsburg gab es aber auch „ein paar Phasen, wo wir in Schwierigkeiten waren“, erwähnte Hoeneß, speziell rund um das Anschlusstor von Diego in der 45. Minute. Auch Trainer Jupp Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer sprachen die Nachlässigkeiten in der Defensivarbeit an. „Wenn wir gegen Barcelona die Abstände haben wie in der ersten Stunde, könnte es eng werden“, monierte Sammer.

Die Botschaft kam bei der Mannschaft an. „Da müssen wir uns wieder verbessern. Gegen Barça muss man hellwach sein“, erklärte Kapitän Philipp Lahm. „Wir müssen selbstkritisch bleiben. Es geht deutlich besser“, betonte auch Abwehrchef Dante.

Aber Wolfsburg ist halt nicht Barcelona - national sind die Bayern der Konkurrenz in dieser Saison um Welten entrückt. „Für Mannschaften unserer Kragenweite sind die Bayern kaum zu schlagen“, gestand VfL-Manager Klaus Allofs, der sich auch international festlegte: „Bayern wird Champions-League-Sieger, das glaube ich. Barcelona hat mich nicht überzeugt. Wenn man die Bayern in dieser Phase schlagen will, darf man keine Fehler machen.“

Die Wolfsburger Toreinladungen nahmen die Münchner dankbar an. „Bei den ersten vier Toren werden wir dreimal ausgekontert“, erregte sich Gästetrainer Dieter Hecking. Mario Mandzukic (17. ), Arjen Robben (35.), Shaqiri (50.) und Mario Gomez (80./83./86.) mit einem Hattrick innerhalb von sechs Minuten beeindruckten mit einer gnadenlosen Effektivität. „Das war ein hart erkämpfter Sieg“, resümierte Jupp Heynckes trotz des Klassenunterschieds am Ende.

Der Bayern-Coach durfte sich über wichtige Erkenntnisse freuen. Der 21-jährige Shaqiri empfahl sich auf der Position des gesperrt fehlenden Ribéry mit einer „Weltklasseleitung“ (Sammer) und als Wegbereiter des Sieges als offensive Alternative gegen Barcelona. „Wenn der Trainer mich von Anfang an spielen lässt, wäre ich bereit, aber auch wenn ich reinkomme“, sagte der Schweizer.

Sein Einsatzticket gelöst haben müsste Gomez, der nach seinem Dreierpack für den im Hinspiel gesperrten Topstürmer Mandzukic in die Startelf rücken dürfte. „Seine Bewerbung nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis“, erklärte Sammer. „Wenn man solche Stürmer hat wie wir, ist das natürlich ein Gedicht“, kommentierte Kapitän Lahm begeistert.

„Solche Spiele bringen noch mehr Selbstvertrauen, das wir unbedingt brauchen gegen einen Gegner wie Barcelona, der noch eine Klasse besser ist“, bemerkte Hoeneß. Seit Mittwoch läuft die Vorbereitung auf die Knüller-Spiele, die Ligapartie in Hannover wird nebenher mitgenommen. „Richtung Samstag werden wieder viele Wechsel kommen“, kündigte Sammer die nächste Radikalrotation an.

Der Titelhunger soll gestillt werden. „Jetzt wollen wir den Pott auch gewinnen“, sagte Shaqiri zu den Ambitionen. Das Triple ist möglich. Der 16. Pokalsieg würde nach dem 23. Meistertitel das neunte nationale Double in der Münchner Vereinsgeschichte bedeuten und die gegen Borussia Dortmund in der Vorsaison erlittenen Wunden schließen.

Die Wolfsburger vergaben mit dem Pokal-Aus die letzte Chance auf einen Titelgewinn in dieser Saison und den Einzug ins internationale Geschäft. Das Ausscheiden war jedoch beim Tabellen-13. der Bundesliga einkalkuliert worden, auch wenn die Höhe der Niederlage wehtat. „Das sind aber keine Dinge, die unsere Moral brechen können“, versicherte Allofs, der kritisierte: „Wir haben die Bayern ganz gut gefordert. Am Ende haben wir den Kopf verloren, da war es dann eine klare Sache.“